May gibt sich unerbittlich und steht doch vor dem Aus
Der Salzburg-Gipfel ergebnislos, die EU-Gegner, die auf einen Abbruch aller Brücken zur EU drängen, auf Angriffskurs: In London läuft nicht nur die Zeit für eine Brexit-Verhandlungslösung ab, sondern nach Ansicht politischer Beobachter auch die von Premierministerin Theresa May. Die aber gibt sich auch nach der „Salzburg-Demütigung“, wie britische Medien bilanzieren, weiterhin unerbittlich und versucht Kurs zu halten. May macht die EU für das vorläufige Scheitern der Verhandlungen verantwortlich. Diese habe in Salzburg einfach die britischen Vorschläge brüsk zurückgewiesen, ohne einen Gegenvorschlag zu liefern. Für May ist das „inakzeptabel, wir erwarten Respekt“.
In einer kurzfristig anberaumten öffentlichen Stellungnahme in London zementierte die Premierministerin ihre Position vorerst ein. Vor allem in der Streitfrage um die zukünftige Grenze zwischen Irland und Nordirland, das ja mit Großbritannien die EU verlässt, weigert sich May vorerst, Zugeständnisse zu machen. Sie werde keiner Lösung zustimmen, „die mein Land zerbricht“, erklärte sie betont kämpferisch.
Auch von einem zweiten Referendum über den EU-Austritt, wie es ja Teile der britischen Wirtschaft und der sozialdemokratischen Labour-Party fordern, will die Premierministerin nichts wissen. Sie werde das Ergebnis von Großbritanniens historisch wichtigster Volksabstimmung nicht einfach auf den Kopf stellen.
Kein Spielraum
May machte deutlich, dass sie sich von den EU-Partner mehr Kompromissbereitschaft erwarte. Ein Sondergipfel zum Brexit im November wird ja in Brüssel bereits angepeilt, falls es beim nächsten regulären EU-Gipfel im Oktober zu keiner Einigung kommt. Vorerst aber geben sich die EU-Verhandler unnachgiebig. Zwar hat man die Pläne für die nordirische Grenze in Details verändert. Grundsätzlich aber lehnt man die derzeitige britische Position, auch in Fragen der künftigen Wirtschaftsbeziehungen ab, wie auch EU-Präsident Donald Tusk deutlich machte.
Doch Theresa May hat in ihrem eigenen Land keinerlei politischen Spielraum für Kompromisse mehr. Ihre Gegner, angeführt von Ex-Außenminister Boris Johnson, haben schon die bisherigen Vorschläge der Regierung als inakzeptabel und Verrat an Großbritannien bezeichnet.
Der Parteitag der regierenden Konservativen, der am Sonntag in einer Woche beginnt, könnte zur Schicksalsstunde für die Premierministerin werden. Dort wird sie zumindest ihr bisheriges Verhandlungsangebot an die EU – den sogenannten „chequers deal“ – opfern müssen, um nicht selbst zum Opfer zu werden. Doch gerade damit rechnen viele Kommentatoren bereits. „Es ist nicht die EU oder der Brexit das Problem“, meint ein Leitartikler der konservativen Tageszeitung the telegraph, „sondern Theresa May schreckliche Führung“.
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