Matteo Salvini: Straches ultrarechter Freund ohne Hemmungen

Matteo Salvini: Straches ultrarechter Freund ohne Hemmungen
Heute treffen die FPÖ-Granden Strache und Kickl Lega-Chef Salvini, den Vertreter einer brutaleren Spielart des Rechtspopulismus.

Trevi-Brunnen, Spanische Treppe, sanfte Hintergrundmusik: Heinz-Christian Strache präsentierte ein so idyllisches Facebook-Video aus Rom, dass die scharfen und teilweise faschistischen Ansagen seines Gastgebers leicht übertüncht werden könnten. Strache wird, gemeinsam mit Innenminister Herbert Kickl, von Matteo empfangen, neuerdings ebenfalls Innenminister in seinem Land. Das rechte Familientreffen in Rom ist, da nun beide Parteien FPÖ und Lega in ihren Ländern regieren, tatsächlich historisch.

Wer ist dieser Matteo Salvini? Seit 1. Juni regiert der Lega-Chef als kleinerer Partner der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien. International ist der 45-jährige Sohn aus gutbürgerlicher Mailänder Familie durch ultrarechtes Poltern und Drohen bekanntgeworden. Erst diese Woche kündigte er an, die in Italien lebenden Roma zählen zu lassen. Nach Kritik in den Medien legte Salvini, in Personalunion Minister und Vizepremier, noch einmal nach. Man müsse sich ein Bild machen, Roma-Kinder würden von ihren Eltern „das Stehlen“ lernen, stellte er pauschal fest. Im Jahr 2009 brachte der Mailänder gar noch eigene U-Bahn-Wagons für Ausländer in seiner Stadt ins Spiel.

Vizekanzler nennt Salvini einen Freund und Verbündeten. Das Erfolgskonzept der beiden Parteien ist ähnlich, wenngleich Salvini deutlich drastischer formuliert. Seit 2013 führt der Frontmann der italienischen Rechten die Lega Nord in neue Höhen. Damals lag die Lega Nord nach einer Korruptionsaffäre auf dem Boden. Salvini sagte die Partei vom Separatismus los, statt gegen das „diebische Rom“ polemisierte er fortan gegen Brüssel und Berlin. Bei den Wahlen 2018 strich man das „Nord“ aus dem Parteinamen, trat nur mehr als Lega an. Vorbildern wie Heinz-Christian Strache in Österreich und Marine Le Pen nacheifernd machte Salvini die Lega auch bei Mitte-Wählern beliebt.

Verharmlosung von Gewalt

Salvini gilt als umtriebiger und hemmungsloser Redner. Nicht selten enden seine Wahlreden mit dem Eingreifen der Polizei, die Demonstranten vertreiben muss. Verbale Grenzverletzungen nimmt der einstige Mailänder Parteisekretär dabei in Kauf.

Salvini hetzt gegen Flüchtlinge und Roma und benutzt auch Gewaltverbrechen als politische Munition. Als 2013 ein junger Afrikaner mit psychischen Problemen in Mailand drei Menschen tötete, gab Salvini die Schuld direkt Integrationsministerin Cécile Kyenge. Sie würde Migranten durch ihre zu liberale Politik „zum Verbrechen aufstacheln“.

Nachdem ein ehemaliger Lega-Nord-Kandidat im vergangenen Februar in Macerata aus einem fahrenden Auto auf fünf afrikanische Migranten geschossen hatte, argumentierte Salvini dann umgekehrt. Die „unkontrollierte Einwanderung“ führe zu „Chaos, Wut und sozialen Zusammenstößen“, twitterte er. Als neuer Innenminister sagte er nun bei einem Besuch in Sizilien: "Sizilien ist unsere Frontlinie. Sizilien wird nicht mehr das Flüchtlingslager Europas sein!"

Feindbild EU

Von 2004 bis März 2018 saß Salvini für die Lega Nord im EU-Parlament. Als EU-Parlamentarier wetterte er in Straßburg gegen ein Europa der Technokraten, das anständige Kleinunternehmer und Handwerker in Norditalien kaputtmache und ruiniere. „Ich erwarte gar nichts mehr. Ich hoffe, dass Europa so schnell wie möglich stirbt, damit ein ernsthafteres, demokratischeres, freieres Europa erwacht und zwar so schnell wie möglich“, sagte er im Mai 2016, wie die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik dokumentierte.

Außenpolitisch zeigt sich Salvini aber durchaus flexibel und wendig. Er lässt als Innenminister zwar NGO-Schiffen die Einfahrt in italienische Häfen verbieten, glaubt aber nicht, dass die Rückkehr zur alten Lira die Lösung für Italiens Probleme wäre. Auch von einem EU-Austritt will Italiens neue Regierung bisher nichts wissen.

Anwalt der "kleinen Leute"

In Wirtschaftsfragen gibt sich Salvini als Anwalt der kleinen Leute. Die schwer belasteten Arbeitnehmer, Kleinunternehmer und Handwerker beansprucht er als seine Klientel. Feindbild Nummer eins sind Flüchtlinge. „Im Moment importieren wir Sklaven, Nichtstuer, Faulpelze oder auch Verbrecher“, sagte er im Oktober 2017. Auch gegen das Freihandelsabkommen CETA, das seine österreichische Schwester FPÖ jüngst abgesegnet hat, agitiert er. „Die Kommission sollte vielleicht mal aufhören, den Konzernen Geschenke zu machen, und nicht selbstmörderische Abkommen unterschreiben wie CETA mit Kanada“, sagte er. Trotz solcher Positionen warnte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kürzlich im Standard, auf Salvini oder Ungarns Viktor Orbán „herabzusehen“.

Zum Thema Flüchtlinge will Italien am Sonntag beim Sondertreffen von sieben Staaten in Brüssel einen Vorschlag unterbreiten. Die Ankunftszahlen sind dieses Jahr in Italien im Vergleich zu 2017 zwar um rund 80 Prozent gesunken. Doch Salvini will wie Strache und Kickl einen Komplett-Stopp.

FPÖ-Chef Strache freute sich anlässlich seines Rom-Besuchs bei Salvini jedenfalls: „Seit vielen Jahren arbeiten die Lega und die FPÖ auf europäischer Ebene zusammen. Nun gibt es eine historische Chance, um Europa zu verändern.“ Man wird sehen, wohin.

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