Schulz: "Populisten muss man politisch isolieren"

Martin Schulz
Präsident des EU-Parlaments verlangt als Strategie gegen Rechte "die Solidarisierung der Parteien des Anstandes".

Das war einmalig im Europäischen Parlament. Wegen rassistischer Äußerungen hat der Präsident des Parlaments vor wenigen Wochen einen griechischen Abgeordneten der neofaschistischen "Goldenen Morgenröte" aus dem Plenum geworfen. Eleftherios Synadinos hat bei einer Debatte Türken als "Barbaren" und "Dreckskerle" beschimpft, ein Eklat.

Die beispiellose politische Entgleisung ist kein Einzelfall. "Es gibt ständig Versuche im Plenum, zu provozieren und Grenzen auszutesten. Verletzende, rassistische Rhetorik darf man nicht durchgehen lassen. Darauf muss man reagieren", ist Schulz empört. Gegenüber dem KURIER formuliert er eine Strategie, wie gegen Rechtsextreme und Populisten zu agieren sei: "Man muss sie politisch isolieren und gegen sie argumentieren. Rechte Populisten gehören entlarvt, denn sie haben keine oder nur scheinbare Lösungen, aber für alles einen Sündenbock." Auch "disziplinarische Mittel" seien möglich, etwa der Ausschluss von Sitzungen oder das Streichen von Sitzungsgeldern.

Eines ist dem Präsidenten bewusst. Um Nationalisten und Rechtsextreme wirksam zu bekämpfen, braucht es "die Solidarisierung der Parteien des Anstandes".

Derzeit sind Rechte, Nationalisten und Populisten, deren politischer Kitt die EU-Feindschaft ist, stärker als jemals zuvor im Parlament vertreten und in zwei politischen Gruppen organisiert: Marine Le Pen, die sich "die Zerstörung Europas" zum Ziel gesetzt hat, führt die "Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit" mit 38 Abgeordneten an (Mitglieder sind u. a. FPÖ, Lega Nord, Vlaams Belang, Partei von Geert Wilders). Die größere Gruppe "Europa der direkten Demokratie und der Freiheit" mit 46 Abgeordneten wird von UKIP-Chef Nigel Farage geleitet (Mitglieder sind u.a. Italiens 5-Sterne-Bewegung, Schwedendemokraten, AfD). Als Fraktion haben beide – wie alle anderen Fraktionen – bestimmte Rechte: mehr Redezeit, ein Sekretariat und Mittel aus dem EU-Topf, europäische Steuergelder sozusagen.

Fette Förderungen

Nicht nur um europaweit vernetzt zu sein, sondern durchaus auch aus lukrativen Überlegungen werden von Rechten und Nationalisten europäische Parteien inklusive Stiftungen gegründet.

Davon gibt es gleich drei: Die "Allianz für Frieden und Freiheit", der die NDP, die Goldene Morgenröte und andere Rechtsextreme angehören, bekommt 400.000 Euro Parteienförderung. Die europäische Partei von Marine Le Pen ("Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit") erhält von der EU mehr Geld als von der Parteienförderung Frankreichs, nämlich 1,5 Millionen Euro.

Dann gibt es noch die "Europäische Allianz für Freiheit", die ihren steuerrechtlichen Sitz auf Malta hat. Dort ist im Parteipräsidium FPÖ-Europa-Abgeordneter Franz Obermayr mit dem wilden polnischen Parlamentarier Korwin-Mikke aktiv. Ihre Partei steckt 390.000 Euro 2016 ein, weist ein EU-Bericht aus. Dazu Schulz: "Ich kämpfe seit Jahren für eine Reform der Parteiförderung. Ab 2017 gibt es neue Regeln."

Karas für Prüfung

Auch ÖVP-Delegationsleiter Otmar Karas setzt sich dafür ein, die Zulassung und Finanzierung europäischer Parteien genau zu prüfen. "Scheinbar sind immer noch Schlupflöcher vorhanden." Die Bedingung für alle europäischen Parteienfamilien sei die Grundrechte-Charta. "Wenn sich europäische Parteien und Stiftungen nicht an die EU-Grundrechte halten, dürfen sie nicht gefördert werden."

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