Marine Le Pen lockt Linkswähler

Marine Le Pen gilt als sichere Kandidatin in der Stichwahl.
Präsidentenwahl. Die Nationalistin wirbt mit Anti-EU-Kurs und Protektionismus.

Die Stadt Lyon war am Wochenende der wichtigste Kampfschauplatz im Ringen um die kommenden französischen Präsidentenwahlen. Marine Le Pen leitete dort einen Konvent ihres "Front National", bei dem sie ihr Präsidentschaftsprogramm präsentierte. Der parteilose, liberal-soziale Erneuerer Emmanuel Macron sprach bei einer Versammlung am Samstag. Der linksalternative Tribun Jean-Luc Melenchon zog ebenfalls am Sonntag in Lyon seine Anhänger mit ätzendem Hohn für alle übrigen Bewerber in seinen Bann. Wobei Melenchons Auftritt durch eine neue Technik des "Hologramms" live aus Lyon zu einer Groß-Versammlung nach Paris übertragen wurde.

Geht es nach den Teilnehmerzahlen, so haben Melenchon und Macron gewonnen. Aber das kann täuschen. Marine Le Pen, die seit drei Jahren in Umfragen für den ersten Wahlgang auf einen treuen und bequemen Sockel von rund 25 Prozent und mehr gelangt und daher bereits als sichere Bewerberin der Stichwahl gilt, sind Massenmeetings nicht entscheidend.

Im Wesentlichen hat Le Pen laut Meinungsforschern ihre – relative – Vormachtstellung mit 30 bis 40 Prozent bei den Niedrigverdienern und Arbeitslosen fix etabliert. Ihr Anti-EU-Kurs wirkt unter diesen Wählern kaum abschreckend.

Sollte sie zur Präsidentin gewählt werden, werde sie unverzüglich in Verhandlungen mit der EU über "die Rückführung der vier Hoheitsrechte, in den Bereichen Währung, Gesetzgebung, Budget und Territorium" treten, erklärt Le Pen. Sollte sich die EU ihren Wünschen nicht beugen, werde sie eine "Volksabstimmung über den EU-Austritt organisieren".

Österreich bei D-Mark

Weil beim Euro-Austritt auch rechten Wählern bange ist, spricht Le Pen jetzt lieber von der "Wiederherstellung einer nationalen Währung". Frankreichs Schulden würden zwar in dieser neuen Währung berechnet werden, für "Großfirmen" könnte es aber weiterhin eine gemeinsame Währung geben, behauptet Le Pen und wagt auch gleich eine Prognose: nach dem Ende des Euro, so glaubt sie, könnte "die einstige D-Mark-Region mit Österreich, den Niederlanden und Deutschland weiter bestehen".

Mit der Trennung von der EU will Le Pen jene Änderungen herbeiführen, die sie als "intelligenten Protektionismus" bezeichnet: etwa eine Zoll-Besteuerung für alle importierten Güter und Dienstleistungen und Sonderabgaben bei jeder Neuanstellung eines Ausländers. Importzölle und Einsparungen bei Migranten würden ihr staats-lastiges Programm für Investitionen und Steuersenkungen finanzieren.

Die meisten Wirtschaftsexperten zeigen sich über dieses Schulden-Programm entsetzt, aber es enthält eine gewisse Schnittmenge mit Vorschlägen der Linkskandidaten Melenchon und Benoit Hamon (der die SP-Vorwahlen gewonnen hat), und es könnte daher Linkswähler, bei einer Stichwahl zwischen Marine Le Pen und einem liberalen Kandidaten wie Macron, zur Enthaltung veranlassen.

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