So stellt Friedensnobelpreisträgerin Machado Venezuelas Regime bloß

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María Corina Machado bietet dem linksextremen Regime in Caracas mit pazifistischen Mitteln die Stirn. Sie ist die populärste Politikerin im Land, das macht sie für die Diktatur gefährlich – und bringt sie selbst in Gefahr.

Aus Buenos Aires Tobias Käufer 

Sie trägt die Hoffnungen eines ganzen Volkes auf ihren schmalen Schultern. María Corina Machado (58), konservative Oppositionspolitikerin aus Venezuela, steht für den friedlichen Widerstand gegen eines der brutalsten Regime in Lateinamerika.

Als im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2024 die Opposition einen Kandidaten suchte, entfielen rund 90 Prozent der abgegebenen Stimmen auf Machado. Umfragen sagten voraus, sie würde das Duell gegen den linksextremen Machthaber Nicolás Maduro mit rund 75 Prozent der Stimmen gewinnen. 

FILE PHOTO: Venezuela's President Nicolas Maduro holds a press conference, in Caracas

Venezuelas linker Diktator Nicolás Maduro.

Doch sie ging wie immer in den letzten Jahren ein großes Wagnis ein: Denn bislang endeten alle, die sich Maduro in den letzten Jahren in den Weg stellten, im Gefängnis, im Hausarrest oder im Exil – aber nicht auf dem Wahlzettel. Nun gab es für Machados Einsatz für eine demokratische Transformation ihres Heimatlandes den Friedensnobelpreis.

Manipulierte Wahl 2024

Rund 2,4 Millionen Menschen hatten 2024 bei dem Urnengang mitgemacht, der die Spitzenkandidatin der Opposition für die Präsidentschaftswahlen 2024 und damit zur Herausforderin von Machthaber Maduro küren sollte. Schon das war ein bemerkenswerter Erfolg, angesichts der massiven Widerstände, die die Opposition überwinden musste.

Machado sagte im Vorfeld Wahlen: „Wenn mir die Venezolaner ihre Stimme geben, wer will dann verbieten, dass ich antrete? Was soll das denn für eine Wahl werden, eine, bei der die Regierung ihre Herausforderer selbst aussucht?“

Venezuela's opposition leader Maria Corina Machado wins Nobel Peace Prize

Friedensnobelpreisträgerin 

Doch es kam wie immer: Die linientreue venezolanische Justiz untersagte Machado die Wahlteilnahme. Kurz vor Toresschluss zog die Opposition noch einen Kandidaten aus dem Hut, den die Sozialisten noch nicht verboten hatten: Edmundo González trat anstelle von Machado an. Und gewann tatsächlich die Wahlen, wie unabhängige Wahlbeobachter bestätigten.

Doch Maduro erklärte sich selbst zum Wahlsieger. Trotz eines Wahlsieges blieb der Opposition damit nur die Rolle des ohnmächtigen Beobachters. Wieder einmal.

„Der von ihrem Team mustergültig dokumentierte Nachweis des eindeutigen Wahlsiegs von Edmundo González hat das Maduro-Regime erneut demaskiert“, sagt Siegfried Herzog von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Er kennt Machado persönlich. „Sie reiht sich in eine stolze Tradition von Frauen wie Cory Aquino ein, die die Kraft der Wahrheit und der Standfestigkeit gegen brutale Diktaturen mobilisieren.“

Aus dem Untergrund

„Wenn ich durch die Dörfer fahre, dann werfen mir die Leute Rosenkränze zu, einige Pfarrer läuten die Glocken“, sagte Machado jüngst der katholischen Nachrichtenagentur. Die 58-Jährige muss ständig ihren Standort wechseln, aus dem Untergrund agieren. Im Jänner tauchte sie zuletzt öffentlich auf, damals sprach sie von der Ladefläche eines Lieferwagens zu ihren Anhängern. Sie wurde festgenommen und erst nach Stunden wieder freigelassen.

Machado hat eine lange Laufbahn des Widerstandes, erst gegen den anfangs noch demokratischen Revolutionsführer Hugo Chávez , dann gegen dessen Nachfolger, den diktatorischen Maduro. 

Einmal brachen ihr zwei Chávez-Parlamentarierinnen das Nasenbein, als Machado ans Rednerpult wollte. Die Sitzung leitete grinsend Diosdado Cabello, Maduros heutige Nummer zwei. Wie der Diktator hat auch Cabello eine eigene TV-Sendung, deren Erkennungsmerkmal ist ein Schlagstock.

Biblischer Massenexodus

Immer wieder kommt es bei Machados Veranstaltungen zu Übergriffen gegen ihre Anhänger und manchmal auch gegen sie selbst. Machado weiß, dass sie die größte Bedrohung für das Machtsystem Maduros ist, das auf bewaffnete paramilitärische „Colectivos“ und die Armee baut.

Venezuela’s government launches military exercises nationwide

Maduros berüchtigte, paramilitärische "Colectivos".

Als Maduro 2015 die Parlamentswahlen krachend verlor, ließ er später die Abgeordneten aus dem Parlament prügeln und durch eine verfassungsgebende Versammlung mit eigenen Anhängern ersetzen. Massenproteste ließ er blutig niederschlagen und niederschießen.

Damit begann ein Massenexodus biblischen Ausmaßes, der bis heute anhält. Rund acht Millionen Menschen haben Venezuela verlassen – ungefähr ein Viertel der damaligen Einwohner. Das destabilisiert die Nachbarländer und hat lange die US-Grenze unter Druck gesetzt.

Derzeit tobt auch ein Konflikt zwischen den USA und Venezuela. Es geht um den Vorwurf, Maduro leite ein staatlich geführtes Drogenkartell. In der Karibik schießt das US-Militär seit Wochen in internationalen Gewässern Boote ab, deren Besatzung es für Drogenkuriere hält. Viele Indizien sprechen dafür, dass Washington mit seiner Einschätzung nicht ganz falschliegt.

Machado und Maduro: Totale Gegensätze

Die Auszeichnung ist auch eine Erinnerung daran, wer tatsächlich die Interessen des venezolanischen Volkes vertritt. Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises könnten die Gegensätze nicht größer sein. 

Gegen Machthaber Nicolás Maduro ermittelt der internationale Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die UN werfen Maduro außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und das Verschwindenlassen von Oppositionellen vor. Auch Menschenrechtsorganisationen haben die Verbrechen dokumentiert.

Dagegen steht nun eine pazifistische Friedensnobelpreisträgerin, die auf demokratische Grundrechte pocht. Auch wenn Machado aus dem Untergrund agiert – der Friedensnobelpreis rückt sie zumindest für den Moment wieder ins Licht.

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