Manuel Valls - ein "gefährlicher Mann"
Ein größeres Kompliment konnte sich Manuel Valls anlässlich seiner Amtsübernahme als Premierminister nicht wünschen: „Dieser Mann ist gefährlich“, erklärte ausgerechnet Marine Le Pen. Begründung: Valls habe als Innenminister amtsbekannte Rechtsextremisten, die sich für eine Störaktion bei einer Staatszeremonie vor dem Pariser Triumphbogen verabredet hatten, im Voraus in Polizeigewahrsam nehmen lassen. „Valls missachtet die individuelle Freiheit“, folgerte die Putin-Sympathisantin Le Pen.
Aber genau für seinen Ruf als forscher und durchsetzungskräftiger Verfechter der „republikanischen Ordnung“ wurde Valls von Präsident Francois Hollande zum Regierungschef ernannt, nachdem sein Vorgänger, Jean-Marc Ayrault, und Hollande selber von der französischen Öffentlichkeit eher als Zauderer wahrgenommen wurden. Sein strenges, manchmal verbissenes Gehabe, seine scharfen Ansagen zur Bekämpfung von Kriminalität, Jugendgewalt und radikalem Islamismus machten Valls, laut Umfragen, zum populärsten Regierungsmitglied.
„Ultraliberaler Europäist“
Das entspricht tatsächlich dem lang gehegten, sozialliberalen Credo von Valls, der in der französischen SP seine Originalität soweit trieb, dass er die 35-Stundenwoche „lockern“ wollte, den britischen Ex-Premier Tony Blair als Vorbild bezeichnete und für die Umbenennung der eigenen Partei eintrat.
Zehn Jahre lang, als Bürgermeister der Trabantenstadt Evry südlich von Paris, steuerte er eine harten Kurs zur Eindämmung von Jugendkriminalität und Vandalismus, im Sinne eines „komplexlosen Herangehens der Linken an Sicherheitsfragen“ – die Einwohner dankten es ihm erst mit seiner Wiederwahl 2008 und, am vergangenen Sonntag, mit dem Sieg seines ebenfalls sozialistischen Nachfolger und Vertrauten, während in Nachbargemeinden bürgerliche Kandidaten die Rathäuser eroberten.
Valls enttäuschte aber einen Teil der Öffentlichkeit, als er die Spannungen um illegale Lager von Roma-Migranten zum Anlass nahm, um den osteuropäischen Roma die Integrationsfähigkeit grundsätzlich abzusprechen.
Katholisch und links
Ideologisches Grenzgängertum scheint Valls in die Wiege gelegt worden zu sein. Der 51 jährige, der in Barcelona zur Welt kam, stammt aus einer spanisch-katalanischen Künstlerfamilie, die sowohl streng katholisch als auch links-republikanisch engagiert war und aus Ablehnung der Franko-Diktatur nach Paris zog. Manuel Valls übernahm erst als 20 Jähriger die französische Staatsbürgerschaft. Noch heute unterstreicht er diesen Akt als inniges Bekenntnis zur französischem Republik und ihrem säkularen Integrationsmodell, das ethnische und religiöse Abstammungen hintanstellt.
Männlichkeitspose
Valls hatte nach seinem Kraftakt eine Versammlung vor SP-Anhängern absolviert, auf der er sich schon damals als Alternative zu Premier Ayrault und indirekt auch zu Hollande anbot. Sinngemäß warf den Beiden mangelnde Aufrichtigkeit und Konsequenz bei ihren Reformvorhaben vor.
Der ehrgeizige Valls, soweit steht fest, wird nicht nur für Hollande den Kopf hinhalten und dabei seine eigenen Ambitionen vergessen. Das macht ihn – vielleicht – für Hollande zu einem effizienteren Premier, aber wohl auch zu einem Rivalen in Hinblick auf künftige Präsidentenwahlen.
Grüne lehnen Regierungsbeteiligung ab
Hollande und Valls mussten aber am Dienstag eine symbolisch schwerwiegende Abfuhr erleiden. Die Grünen, bisher mit zwei Ministerposten vertreten, haben beschlossen, sich nicht länger an der Regierung mit der SP zu beteiligen. Sie stoßen sich an der Persönlichkeit von Valls und wollen die unternehmerfreundlichen Maßnahmen und den Sparkurs von Hollande nicht länger mittragen. Die SP verfügt zwar alleine über eine absolute Parlamentsmehrheit, diese beläuft sich aber nur mehr auf zwei Mandate. Das ist wenig für einen stabilen Regierungskurs, weil auch mehrere SP-Abgeordnete die Kritik der Grünen am sozialliberalen Kurs von Hollande teilen.
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