Malta wählt während EU-Ratsvorsitz neues Parlament

Joseph Muscat.
Ministerpräsident geht nach Korruptionsvorwürfen in die Offensive und ruft Votum während EU-Ratsvorsitz aus

Nach Korruptionsvorwürfen gegen seine Familie hat Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat eine vorgezogene Parlamentswahl angekündigt. "Am 3. Juni wird Malta entscheiden, ob die Uhr zurück- oder vorgestellt werden soll", schrieb Muscat nach der Bekanntgabe am Montag auf Twitter. "Ich habe nichts zu befürchten, ich bin sauber", betonte Muscat.

Bei einer Kundgebung zum 1. Mai in der Hauptstadt Valletta hatte der 43 Jahre alte Regierungschef gesagt, er könne nicht zulassen, dass die Erfolge seiner Regierung durch "grundlose Angriffe" gefährdet würden. "Meine Pflicht ist es, nicht nur mich und meine Familie zu schützen, sondern mein Land zu beschützen."

Muscat sieht sich im Skandal um Briefkastenfirmen in Panama seit Wochen mit Vorwürfen der Korruption gegen seine Familie konfrontiert. Die Opposition forderte seinen Rücktritt, nachdem eine populäre Bloggerin berichtet hatte, dass eine in den sogenannten Panama Papers erwähnte Firma Muscats Frau Michelle gehöre. Muscat hatte dies als Lüge bezeichnet und angekündigt, die Vorwürfe untersuchen zu lassen.

Vorwürfe und Kritik an Entscheidung

Die Parlamentswahl findet noch vor dem Ende von Maltas derzeitigem EU-Ratsvorsitz am 30. Juni statt. Regulär hätte im kleinsten EU-Staat erst Anfang 2018 gewählt werden sollen. Muscat war 2013 nach einem deutlichen Wahlsieg ins Amt gekommen. In der Folge wurden allerdings wiederholt Korruptionsvorwürfe gegen ihn laut. Auch dubiose Geschäfte mit Ländern wie Aserbaidschan wurden ihm angelastet.

Maltesische Kommentatoren werteten die Neuwahlentscheidung kritisch. Die angesehene "Times of Malta" sprach von der "schlechtestmöglichen Entscheidung". Muscat hätte eigentlich zurücktreten müssen, weil gegen ihn ermittelt werde. Nun wolle er die Wähler entscheiden lassen, obwohl sie "nicht wissen, was sie von den unglaublichen Anschuldigungen zu halten haben".

EVP spitzt auf Regierungswechsel

Oppositionsführer Simon Busuttil erhielt indes bereits erste Schützenhilfe von seinen europäischen Parteifreunden. "Es ist Zeit für eine neue Führung in Malta. Es ist Zeit für eine starke und verlässliche Regierung. Es ist Zeit für Simon Busuttil", schrieb der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, am Montagabend auf Twitter.

Ein Netzwerk von Medien hatte im April 2016 weltweit über rund 200.000 von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen. Die Veröffentlichung führte weltweit zu Ermittlungen und zu einer Debatte über Steueroasen und Geldwäsche. Die Regierung von Malta wurde schon damals von dem Skandal erfasst: Die Dokumente enthüllten unter anderem, dass Energieminister Konrad Mizzi und Muscats Kabinettschef Keith Schembri in Panama ihre eigenen geheimen Firmen aufgezogen hatten.

Kommentare