Die "Gen Z" zwang die Staatsgewalt in Madagaskar in die Knie

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Die Armee-Eliteeinheit stellte sich auf die Seite der Jugendrevolte und übernahm die Macht. Der Präsident ist geflohen.

Naturliebhaber kennen Madagaskar wegen der Lemuren, die nur dort und auf den umliegenden Inseln im Indischen Ozean vorkommen. Auch abenteuerlustige Touristen mit Hang zu Exotischem lieben das Eiland, ebenso Filmliebhaber, die die Abenteuer einiger New Yorker Zoo-Tiere im Kinohit "Madagascar" sahen. Doch in die internationalen Schlagzeilen schaffte es das Land de facto nie. Bis jetzt. Denn eine Revolte junger Menschen, die immer mehr Zulauf gewann, endete nun sogar mit der Flucht des Staatspräsidenten. Das Militär übernahm die Macht.

Er habe sich an einen sicheren Ort begeben müssen, um sein Leben zu schützen, sagte Staatschef Andry Rajoelina am Montag via Facebook. In Wahrheit soll der 51-Jährige bereits am Sonntag an Bord eines französischen Militärflugzeuges Madagaskar in Richtung Paris verlassen haben. Eine Bestätigung der ehemaligen Kolonialmacht, dass Rajoelina, der seit 2014 auch die Staatsbürgerschaft der Grande Nation hat, in Frankreich ist, gab es zunächst nicht.

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Das Militär vor dem Präsidentenpalast  in Antananarivo.

Seit rund drei Wochen halten die  Proteste auf der viertgrößten Insel der Welt  schon an. Getragen  wurden und werden sie von der "Gen Z", also jungen Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden. Entzündet hat sich der Unmut an den ständigen Stromausfällen, die oft zwölf Stunden lang dauern. Aber auch die miese Versorgung mit Trinkwasser, gravierende Missstände im Bildungssystem sowie  fehlende Jobmöglichkeiten sorgen für Unmut unter den rund 30 Millionen Einwohnern, von denen noch dazu ein Drittel in bitterer Armut leben muss, wie aus Quellen der Weltbank hervorgeht.

Wobei die jungen Protestierenden – wie aktuell bei so vielen Demos weltweit – mit einer schwarzen Flagge mit Totenkopf samt Strohhut gegen die Herrschenden ins Feld ziehen. Dieses Markenzeichen geht auf die beliebte Mangaserie "One Piece" aus Japan zurück. In der Reihe kämpfen Piraten gegen alle Bösewichte und Unterdrücker – bis die Gerechtigkeit siegt.   

Protest mit einer schwarzen Flagge mit Totenkopf samt Strohhut.

Protest mit einer schwarzen Flagge mit Totenkopf samt Strohhut.

Demonstranten jubelten

Zunächst versuchte die Staatsgewalt in Madagaskar, den Aufstand noch mit Repression kleinzuhalten. Die Polizei setzte Gummigeschoße, Blendgranaten und Tränengas ein. Mindestens zwei Dutzend Demonstranten wurden dabei getötet.

Die Wende setzte am vergangenen Wochenende ein. Da wechselte eine Eliteeinheit der Armee die Seite: Der Verband "Capsat", der 2009 den jetzt geflohenen Staatschef an die Macht geputscht hatte, ließ ihn fallen. Als die Soldaten auf Militärfahrzeugen in die Hauptstadt Antananarivo einfuhren, wurden sie von den Protestierenden mit Jubel empfangen. Auch Teile der Polizei und der Gendarmerie schlossen sich den jungen Demonstranten an.

Zuvor hatte Präsident Andry Rajoelina noch einmal versucht, das Ruder herumzureißen, indem er einen neuen Regierungschef ernannte. Doch das kam zu spät. Am Dienstag verkündete die Eliteeinheit "Capsat", dass sie die Macht im Staat übernommen habe. Die Verfassung sei ausgesetzt.

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