London-Terror: Angreifer war in TV-Doku zu sehen
(*Update - Details aus dem Video, weitere Details zu den mutmaßlichen Attentätern*)
Der von der britischen Polizei genannte mutmaßliche London Attentäter Khuram Shazad Butt ist laut britischen Medien vergangenes Jahr in einer britischen Fernsehdokumentation mit dem Titel "Die Dschihadisten von nebenan" (Channel 4) zu sehen gewesen. Er hat darin unter anderem mit einer Flagge posiert, die auch von extremistischen Organisationen verwendet wird. Entgegen anders lautenden Medienberichten handelt es sich dabei nicht um eine IS-Flagge.
In der Doku ist zu sehen, wie Butt mit einer Gruppe von Muslimen im Londoner Regent's Park ein Gebet vollzieht. Ein Prediger sagt zu der Gruppe, dass "das Leben hier" in Großbritannien nur eine Zwischenstation sei, ein Teil des "Dschihad". Sie seien dazu aufgerufen, "Daʿwa" zu betreiben, den "Ruf zum Islam". Unter anderem wird darunter verstanden, Werbung für den Islam zu betreiben.
Weiters ist zu sehen, wie die Gruppe nach dem Gebet von Polizisten angehalten und durchsucht wird. Der Beamte beruft sich auf Paragraf 44 des "Terrorism Act". Nach lautstarken Diskussionen kann die Flagge nicht gefunden werden. Die Gruppe wird nach einer Stunde wieder freigelassen, heißt es in dem Video.
VIDEO: Die entsprechende Passage ist hier ab Minute 14:40 zu sehen:
Keine Belege für Anschlagspläne
Der Chef der nationalen Anti-Terror-Polizei, Mark Rowley, bestätigte, dass Khuram Shazad Butt damals überprüft worden sei. Aber die Behörden hätten keine Belege gefunden, dass er einen Anschlag plane. Daher sei der in Pakistan geborene Brite, der dem Inlandsgeheimdienst MI5 und der Polizei bekannt war, nachrangig eingestuft worden.
Der 27-Jährige war verheiratet und hatte zwei Kinder. Er lebte im Ostlondoner Stadtteil Barking, wie auch der zweite mutmaßliche Attentäter Rachid Redouane. Der 30-Jährige aus Marokko hatte eine kleine Tochter mit einer 38-jährigen Frau, die unterschiedlichen Berichten zufolge entweder aus Irland oder aus Schottland stammt. Er war der Polizei offenbar nicht bekannt. Nach eigenen Angaben sei er "Marokkaner oder Libyer" gewesen. Er habe außerdem den Namen Rachid Elkhdar verwendet und ein anderes Geburtsdatum, wonach er erst 25 Jahre alt gewesen wäre.
Dritter Angreifer hat Italienbezug
Mittlerweile wurde auch der dritte Angreifer, der an dem Anschlag am Samstagabend mit mindestens sieben Toten und Dutzenden Verletzten beteiligt war, identifiziert. Dabei handle es sich um einen 22-Jährigen mit marokkanischem Vater und italienischer Mutter, berichteten italienische Medien am Dienstag. Im März 2016 war Youssef Zaghba auf dem Flughafen von Bologna aufgehalten worden, der Stadt, aus der seine Mutter stammt. Er wollte in die Türkei fliegen, um von dort Syrien zu erreichen. Er war damals wegen internationalem Terrorismus angeklagt, aber freigesprochen worden. Seitdem stand er auf den Listen der gefährlichen Personen. Zuletzt arbeitete er in einem Londoner Restaurant und hatte weiterhin Kontakt zu seiner Mutter in Bologna. Die Eltern des Verdächtigten hatten eine Zeit lang zusammen in Marokko gelebt, sich dann aber getrennt. Die Mutter war nach Bologna zurückgekehrt, Zaghba hatte sie öfters dort besucht.
Rowley bat die Öffentlichkeit in der Erklärung um Hinweise auf "diese Männer, ihre Bewegungen in den Tagen und Stunden vor dem Angriff und die Orte, die sie aufgesucht haben".
Fitness-Studio schließt wegen Medienandrangs
Ein Fitness-Studio, in dem einer der mutmaßlichen Attentäter trainierte, hat am Dienstag vorübergehend geschlossen. Auf einem Zettel an der Eingangstür schrieben die Betreiber, sie würden mit der Polizei zusammenarbeiten, um mehr Informationen zu Khuram Shazad Butt ans Licht zu bringen.
Zugleich betonten sie: "Obwohl Mr. Butt gelegentlich hier im UFC-Studio trainiert hat, kannten wir ihn nicht gut und uns fiel auch nichts Beunruhigendes auf." Es gebe Hunderte, die das Studio nutzten. "Wir sind ein einladender und offener Teil der Gesellschaft." Das Fitness-Studio werde hoffentlich an diesem Mittwoch wieder wie gewohnt öffnen können, hieß es zum Schluss.
Schweigeminute am Dienstag
Im Gedenken an die Opfer des Terroranschlags in London halten die Menschen in Großbritannien am Dienstag eine landesweite Schweigeminute. Von 11.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MESZ) werde in allen Regierungsgebäuden Stille herrschen. Die Flaggen in der Hauptstadt sollen bis zum Dienstagabend auf Halbmast bleiben.
Sieben Menschen getötet
In der Nähe - auf der London Bridge und dem Borough Market - hatten drei mutmaßliche Islamisten am Samstagabend mindestens sieben Menschen getötet und Dutzende verletzt, darunter zwei Deutsche. Die Angreifer wurden von der Polizei erschossen. Die Behörden identifizierten zwei der mutmaßlichen Terroristen als Khuram Shazad Butt (27) und Rachid Redouane (30), beide wohnten im Ostlondoner Stadtteil Barking.
Keine Festnahme bei weiterer Razzia
Auf der Suche nach Unterstützern der Attentäter hat die britische Polizei in der Nacht auf Dienstag eine weitere Wohnung durchsucht. Bei der Razzia im Ostlondoner Stadtteil Ilford sei aber niemand festgenommen worden, teilte die Polizei mit.
Verdächtige wieder frei gelassen
Zuvor hatten die Sicherheitskräfte insgesamt zwölf Männer und Frauen, die im Zusammenhang mit dem Terroranschlag vom Samstagabend festgenommen worden waren, wieder freigelassen. Sie seien inzwischen alle ohne Anklage entlassen worden, teilte die Polizei am späten Montagabend mit. Zudem kümmerten sich Experten um die Hinterbliebenen der Todesopfer. Sie sorgten sich auch um die Familie einer Person, die als vermisst gilt.
Auch Razzien in Pakistan
Die Polizei in Pakistan nimmt die Verwandten eines der mutmaßlichen Attentäter von London ins Visier. Dutzende Sicherheitskräfte in zivil durchsuchten einem Bericht der Zeitung The Telegraph zufolge am Dienstag ein Restaurant, das einem Verwandten von Khuram Butt gehört. Der Einsatz erfolgte in der Stadt Jhelam, etwa 120 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Islamabad.
Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagte ein Offizieller, der namentlich nicht genannt wurde, dem Blatt. Zwar gingen die britischen Sicherheitsbehörden davon aus, dass der mutmaßliche Attentäter sich in Großbritannien radikalisiert habe. "Aber wir durchsuchen die Häuser aller Verwandten und verfolgen alle Telefonanrufe, die von Familienmitgliedern gemacht wurden", sagte der Sicherheitsbeamte. Die pakistanischen Behörden gingen davon aus, dass Butt in Syrien als Attentäter ausgebildet wurde, sagte er. Butt war 1990 in Pakistan geboren worden und als Kind mit seinen Eltern nach Großbritannien gekommen.
May: "Radikalen Islam ausrotten"
"Wir müssen viel stärker daran arbeiten, ihn zu erkennen und ihn aus dem öffentlichen Dienst und der Gesellschaft auszurotten." Mit dem Begriff "öffentlicher Dienst" spricht May vermutlich das Schulwesen an. Es gebe "viel zuviel Toleranz für Extremismus in unserem Land", sagte sie. "Wir werden den Terroristen nicht erlauben, dass sie uns besiegen. Wir werden sie besiegen."
May plant unter anderem eine schärfere Überwachung von Internet und Messengerdiensten. Auch längere Haftstrafen gehören zum Paket. Ihr Herausforderer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei warf May vor, sie sei einst als Innenministerin selbst dafür verantwortlich gewesen, dass es heute 20.000 Polizisten weniger gebe als 2010.
Westminster, Manchester und erneut London
Der Anschlag vom Samstagabend war das dritte Attentat binnen drei Monaten in Großbritannien und das zweite in London - alle drei hat der IS für sich in Anspruch genommen: In Manchester hatte im Mai ein Selbstmordattentäter nach einem Auftritt der US-Sängerin Ariana Grande 22 Menschen getötet. Ende März war ein Mann auf der Westminster-Brücke in London mit hohem Tempo in Fußgänger gefahren. Anschließend tötete er mit einem Messer einen unbewaffneten Polizisten. Sechs Menschen starben.
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