Krim-Krise: Putin hält sich alle Optionen offen

Putin nennt Militärschlag "äußerstes Mittel" und plädiert für Krim-Referendum. USA und Brüssel schicken Milliarden nach Kiew. Die Ereignisse im Live-Blog.

Am Montag hieß es noch, Moskau habe Kiew ein Ultimatum gestellt – die Nacht verlief dann aber ruhig auf der ukrainischen Halbinsel am Schwarzen Meer. Dennoch bleibt die Lage mehr als angespannt: Die US-Regierung setzt inzwischen auf einen Isolations-Kurs gegen Russland. Die militärische Zusammenarbeit wurde unterbrochen. Weitere Sanktionen wurden – wie auch seitens der EU – angedroht. Der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk wirft Putin wegen der Besetzung der Krim einen schweren Bruch des Völkerrechts vor.

Der russische Präsident selbst wiederum hat erstmals Stellung bezogen: In einer Pressekonferenz bestätigte er seine Drohung, militärisch auf der Krim einzugreifen; dies sei aber das "letzte und äußerste" Mittel, so Putin. Die Führung in Kiew halte er aber für illegitim. Außerdem sprach sich Putin für ein Referendum über die Unabhängigkeit der Halbinsel Krim aus.

Rückzug

In den frühen Morgenstunden wurde der Rückzug jener Truppen angeordnet, die entlang der Grenze zur Ukraine Truppenübungen absolviert hatten – 150.000 Mann waren dort stationiert. Die Tausenden auf die Krim verlegten Soldaten blieben aber vor Ort, zudem wurde vermeldet, dass sich zwei russische Kriegsschiffe auf dem Weg ins Schwarze Meer befänden - dorthin, wo Russland bereits seine Schwarzmeerflotte stationiert hat.

Auf Bitten Polens trifft sich heute zudem der NATO-Rat, US-Außenminister Kerry bricht in die Ukraine auf und EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton trifft in Madrid mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen.

LIVE

Krim-Krise: Putin hält sich alle Optionen offen

Die Lage bleibt vorerst ruhig - wir beenden unsere Live-Berichterstattung an dieser Stelle. Eine Zusammenfassung der heutigen Ereignisse lesen Sie hier.

Die neue ukrainische Regierung hat nach den Worten des amtierenden Ministerpräsidenten Jazenjuk Konsultationen mit Russland aufgenommen. Die Kontakte fänden auf Ministerebene statt, sagte er am Dienstag vor Journalisten, ohne Einzelheiten zu nennen. Der Regierungschef bekräftigte die Forderung, dass sich die russischen Soldaten auf der Krim in ihre Kasernen zurückziehen müssten.

Die Finanzmärkte haben mit Erleichterung auf die Äußerungen von Russlands Staatschef zur Krim-Krise reagiert. Die Aktienkurse an Europas großen Börsen machten nach dem im Fernsehen übertragenen Interview Putins am Dienstag einen Sprung nach vorn.

Bis zum frühen Nachmittag stieg an der Frankfurter Börse der Leitindex Dax um 2,02 Prozent, der Leitindex in Paris verzeichnete ein Plus von 2,09 Prozent, der in London von 1,44 Prozent. In Moskau schlossen die Hauptindizes MICEX und RTS mit einem Plus von jeweils mehr als fünf Prozent.

Die Sorge um die sich verschärfende Krise in der Ukraine hatte am Montag weltweit die Börsen und auch den Rubel auf Talfahrt geschickt.

Das US-Fachmagazin Foreign Policy entschuldigte sich bei Sarah Palin. Schließlich hat das Magazin 2008 über die US-amerikanische Politikerin gespottet, weil sie verkündete: Wenn jemand so Unentschlossenes wie Obama Präsident werden würde, marschiere Putin als nächstes in die Ukraine ein. Nun schreibt Foreign Policy: "Der Punkt geht an Palin."

US-Außenminister John Kerry ist in Kiew und hat Kreditgarantien für die Ukraine in Milliardenhöhe angekündigt. Hier besucht er den "Schrein der Gefallenen". Bei den Protesten am Maidan starben über 100 Menschen - diesen wird in der Institutska Straße in Kiew gedacht.

Die russische Marine soll die Straße von Kertsch zwischen der Krim und Russland blockieren, berichtet die ukrainische Küstenwache.

Trotz gegenteiliger Versicherungen von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und OMV-Chef Gerhard Roiss hält sich hartnäckig die Sorge, dass eine weitere Eskalation der Ukraine-Krise in Europa und Österreich zu einem Engpass bei der Gasversorgung führen könnte. Experten sind sich aber einig, dass davon vorerst keine Rede sein kann. Mehr dazu lesen Sie hier.

Russland hat die Einladung von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zu einem Sondertreffen des NATO-Russland-Rats am Mittwoch akzeptiert. Dies teilte eine Sprecherin des Bündnisses am Dienstag in Brüssel mit.

Zur Vervollständigung des Bildes zwischendurch: Moskau hat den USA mit einem wirtschaftlichen Gegenschlag gedroht, sollte es nun wirklich zu Sanktionen kommen. Ist das tatsächlich gefährlich für Washington - oder nur Säbelrasseln?

Die Rede ist von der Aufgabe des Dollar als Währungsreserve und davon, Kredite amerikanischer Banken nicht mehr zurückzuzahlen.
„Das ist eine Drohkulisse - doch eine wenig glaubwürdige“, sagt der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der Agentur Reuters. „Die Devisenreserven Russlands sind dafür einfach nicht groß genug, um den USA einen nachhaltigen Schaden zu verursachen.“ Auch beim angedrohten Abstoßen von Staatsanleihen sehe das Szenario ähnlich ungefährlich aus.

Ein Ende der Kreditzahlungen an die USA könnte zum Bumerang werden, sind sich Experten sicher. „Russlands Wachstumsmodell ist durch die Abkühlung der Weltwirtschaft und sinkende Rohstoffpreise an seine Grenzen gestoßen“, sagt HSBC-Analyst Esser. „Das Land muss sich modernisieren, um die Abhängigkeit von Rohstoffen zu senken - dafür wiederum sind ausländische Investitionen notwendig.“ Investoren würden aber kaum mehr ins Land kommen, wenn Russland Verträge bricht und Kredite nicht mehr bedient.

Abby Martin, Moderatorin beim Kreml-treuen Sender RT, avanciert gerade zur Ikone des Social Web: Sie hat sich in einer Live-Moderation öffentlich gegen eine militärische Intervention Russlands in der Ukraine ausgesprochen - mit mitunter sehr deutlichen Worten. Zur Verdeutlichung; RT, einst Russia Today, wird zumindest zur Hälfte vom Staat finanziert und sorgt auf Russisch und Englisch vor allem im Ausland für Russlands Imagepflege. Zu sehen ist ihr Auftritt hier:

In Belbek, dem Armee-Flughafen nahe Sewastopol auf der Südspitze der Krim, stehen sich nach wie vor ukrainische und pro-russische Streitkräfte gegenüber. In der Früh hatten die pro-russischen Einsatzkräfte, die den Luftwaffenstützpunkt kontrollieren, Warnschüsse abgegeben, als 300 Ukrainer zurück an ihre Arbeit wollten - seither wird verhandelt.

Die EU greift Kiew auch unter die Arme - mit einem Hilfspaket. Die EU-Kommissare werden bei ihrer regulären Sitzung am morgigen Mittwoch voraussichtlich "ein solches Paket beschließen",hieß es aus Brüssel an. Eine Summe nannte man aber nicht.

Offenbar ist Brüssel allerdings bereit, seine Finanzhilfe aufzustocken: Die EU hatte der Ukraine bereits im vergangenen Jahr rund 600 Millionen Euro angeboten und dies an strenge Bedingungen geknüpft, etwa dass Kiew einen Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds annimmt. Dieses Angebot könnte nach Medienberichten auf bis zu eine Milliarde erhöht werden, um einen Staatsbankrott der Ukraine abzuwenden. Der IWF beziffert den Finanzbedarf in den kommenden zwei Jahren auf 35 Milliarden Dollar (25 Milliarden Euro).

Passend dazu eine Übersicht über die Gaspipelines, die durch die Ukraine führen:

Krim-Krise: Putin hält sich alle Optionen offen
Karte EU, Ukraine und Osten Russlands; Pipelines; Gasverbrauch EU, Ukraine, davon aus Russland Grafik 0276-14-Gas.ai, Format 134 x 126 mm

Im Westen finden derweil Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine statt. Wladimir Putin wird dabei symbolisch gern mit Adolf Hitler gleichgesetzt - ein heftiger Vergleich, zu sehen in Wien, London und Barcelona.

Apropos Wirtschaft: US-Außenminister Kerry ist mittlerweile in Kiew gelandet, gleich nach seiner Ankunft hat er Kreditgarantien in Höhe von einer Milliarde Dollar angekündigt. Die USA wollen der Ukraine außerdem eine Milliarde Dollar Hilfe für die Energieversorgung zur Verfügung stellen, teilte das Weiße Haus mit. Dies diene als Ausgleich für die Erhöhung der Gaspreises durch die russische Gazprom. Zudem will man Experten in die Ukraine entsenden, um dem Land bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Probleme und der Korruption zu helfen.

Im Westen der Ukraine hat man eben solche, wie der deutsche Tagesspiegel berichtet: Deutsche Unternehmer würden dort von rechten Gruppen bedroht - sie wollen die ausländischen Firmen zur Enteignung zwingen.

Auch an anderer Front hat die neue Führung zu kämpfen: Wie Reuters berichtet, ist das ukrainische Telekommunikationssystem nach Angaben des nationalen Geheimdienstes Ziel von Cyberattacken geworden. Gestört worden seien unter anderem Mobilfunk-Verbindungen ukrainischer Parlamentsabgeordneter. Dabei sei Technik genutzt worden, die auf der von Russland kontrollierten Halbinsel Krim installiert worden sei.

VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner bezeichnet beim EU-Energierat in Brüssel die Situation mit der Ukraine nach der Ankündigung von Gazprom, die Rabatte für Kiew zu streichen, als "noch nicht ganz absehbar“. Es werde nun einmal "um die Frage gehen, wie kann und will Europa dort helfen". "Die EU muss sich eine Lösung einfallen lassen", betont er. Ob der "Denkansatz sein könnte, bei den Sanktionen auch das Gas einzubeziehen, wage ich zu bezweifeln. Das würde beide Seiten negativ treffen. Das sollte man vorsichtig behandeln", warnt Mitterlehner. Dies "sollte man sehr vorsichtig behandeln. Weil das keine einseitige Angelegenheit ist. Und wahrscheinlich auch eine falsche Treffsicherheit aufweisen würde." Dies helfe weder Europa noch der Weltwirtschaft.

Wie es mit der Ukraine weitergehen soll, weiß Putin selbst nicht. Einerseits sieht er für Janukowitsch keine politische Zukunft mehr, wie Putin selbst am Dienstag sagte. Andererseits hält er ihn für den legitimen Präsidenten der Ukraine.

Auch in Österreich waren die Entwicklungen auf der Krim Thema: Beim Ministerrat verwies man auf den Sondergipfel der EU diese Woche. Als Konsequenz aus Russlands Vorgehen fährt Verteidigungs- und Sportminister Gerald Klug nicht zu den Paralympics nach Sotschi. "Ich halte das für richtig", pflichtete Kanzler Faymann bei.

Die Frage, ob er enttäuscht sei, da er bei den Olympischen Spielen selbst in Sotschi weilte, verneinte Faymann: "Ich bin enttäuscht von der Vorgangweise Russlands in der Ukraine." Zum damaligen Zeitpunkt habe jedoch eine andere Situation bestanden. Im Nachhinein dürfe man dies nun "nicht vermischen". Minister Klug begründete seinen Sotschi-Verzicht wie folgt: "In dieser heiklen Phase geht es darum keine Zeichen zu setzen, die als Legitimation der russischen Vorgehensweise gedeutet werden können."

Auch die USA hatten zuvor schon die Teilnahme der Polit-Delegation für die Paralympics abgesagt. Die Sportler fahren aber hin.

Zusammengefasst kann man sagen: Putin hat seine bisherige Vorgangsweise in der Ukraine verteidigt, immer wieder mit dem Hinweis darauf, dass die derzeitige Regierung in Kiew "nicht legitimiert" sei. Der Umsturz sei ein "verfassungswidriger Staatsstreich" gewesen, unter Beteiligung westlicher Mächte.

Deshalb behalte er sich auch ein militärisches Einschreiten vor, denn der gewählte und legitime Präsident der Ukraine - Viktor Janukowitsch - habe darum gebeten. Ein Eingreifen sei aber das "äußerste Mittel - derzeit habe ich nicht vor, in der Ukraine zu intervenieren", sagte Putin auf mehrmalige Nachfrage. Eine mögliche Annexion der Krim stellte er in Abrede, schlug dafür aber ein Referendum vor. Zudem stimmt er dem Vorschlag einer internationale Kontaktgruppe zur Vermittlung - die deutsche Regierung hatte dies angeregt - grundsätzlich zu: "Im Prinzip ist das möglich."

Was die Gazprom-Preiserhöhung angeht, erklärt Putin, dass der Gasgigant schlicht seine Rabatte streicht - denn formal habe es geheißen, dass die Ukraine ihre Schulden zurückzahlt, Russland dafür Kredite gibt und es Rabatte bei den Gaspreisen gebe. Da Kiew nun nicht gezahlt habe, belaufe sich die Gesamtsumme nicht auf 1,5 Milliarden Dollar, sondern auf 2 Milliarden.

Wieder auf die Krim angesprochen, meint Putin, es müsse ein Referendum abgehalten werden. "Wenn es ein neues Parlament, eine legitime Regierung gibt, dann soll abgestimmt werden. Aber das ist nicht unsere Sache." Was die nun angesetzten Präsidentschaftswahlen angeht, wird Russland sie nur anerkennen, wenn "es keinen Terror wie jetzt in Kiew gibt".

Nochmals eine Frage zu einem Militäreinsatz - ob die NATO auch einschreiten wird, aus Putins Sicht? "Es ist klar, dass es eine bewaffnete Machtübernahme ist", meint Putin erneut. Es sei eine "Revolution", die einen neuen Staat produziere - "und mit diesem Staat haben wir keine Vereinbarungen getroffen." Mehr sagt er dazu nicht.

Der Schießbefehl am Maidan steht nun zur Debatte - Putin ist der Meinung, dass es nicht Janukowitsch gewesen sei, der diesen gegeben habe. "Ich weiß nicht, wer das war. Ich weiß nur, was Janukowitsch mir gesagt hat - er hat mich angerufen, ich habe ihm davon abgeraten. Er hat die ganze Polizei abziehen lassen."

"Wir werden keinen Krieg gegen das ukrainische Volk führen", sagt er auf die Frage, wie es auf der Krim weitergehe - er treffe eine Entscheidung zu einem militärischen Einsatz nur, um das ukrainische Volk zu schützen. "Ich möchte jene sehen, die auf Frauen und Kinder schießen", sagt Putin voller Pathos.

Was Janukowitsch angeht, gibt sich Putin nicht besonders hoffnungsfroh: "Er hat keine politische Zukunft."

Ob es russische Soldaten gewesen seien, die auf der Krim und in Kiew tätig waren? "Das ist postsowjetischer Raum, russische Uniformen gibt es überall - gehen Sie ins nächste Geschäft", meint Putin süffisant.

Ob die Krim Teil Russlands werden könne, will eine Journalistin wissen. "Nein", sagt Putin mit fester Stimme. Man wolle nur den russischsprachigen Menschen dort zu ihrem Recht nach Selbstbestimmung verhelfen. "Sie haben das Recht, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen."

Ob Putin eine Reaktion wie jene der USA erwartet hat, will ein Journalist wissen - und was nun mit den G8-Gesprächen sei? "Die Gespräche sind vertraulich, dazu kann ich mich nicht äußern", so Putin. Er könne auf den Vorwurf, er handle illegitim, nur zurückfragen: "War das Einschreiten in Afghanistan etwa legitim?", so Putin. "Unsere Partner, gerade in den Vereinigten Staaten, machen ihre geopolitischen Interessen immer sehr deutlich. Es gibt den Satz 'Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns' - ist man nicht mit ihnen, steigen sie auf einen drauf. Wir gehen einen anderen Weg. Selbst wenn ich die Entscheidung treffe, die Armee einzusetzen, wird diese legitim sein - denn ich habe eine Bitte des legitimen Präsidenten."

Bezüglich der angedrohten Sanktionen seitens der USA und der EU gibt sich Putin abwartend: "Darüber müssen die nachdenken, die die Sanktionen beschließen. Da entsteht Schaden für beide Seiten." Was die G8 angeht, meint er: "Wenn sie nicht kommen wollen, kommen sie nicht", so Putin zur Drohung der USA, das Treffen in Russland zu boykottieren.

Die neue Regierung sei nicht legitim - de jure gebe es nur einen legitimierten Präsidenten, und das sei Janukowitsch, sagt Putin weiter. Nur das Parlament sei legitimiert. Janukowitsch müsse offiziell abgesetzt werden, mit einem Impeachment-Verfahren. Eine solche Prozedur sei aber nicht durchgeführt worden.

Bezüglich der Krim-Krise meint der russische Präsident zum wiederholten Mal, dass es darum gehe, die russischen Bürger zu schützen. Ob ein Eingreifen bevorstehe? "Die Notwendigkeit besteht nicht, aber die Möglichkeit", sagt er. Das viel diskutierte Manöver an der Grenze sei seit langer Zeit geplant gewesen.

Es gebe zudem die Bitte Janukowitschs, in der Ukraine einzugreifen - "wir sehen, dass Neonazis, Antisemiten und Radikale nach der Macht greifen", so Putin. Dem müsse man Einhalt gebieten. Armeeeinheiten zu schicken, wäre aber natürlich eine Extremmaßnahme. "Ich habe nicht vor, dort zu intervenieren".

"Wenn die Leute uns um Hilfe bitten, dann behalten wir uns das Recht vor, alle Mittel zum Schutz der Bürger zu nutzen. Das ist legitim. Die Ukraine ist nicht nur unser Nachbar, sondern unsere Bruderrepublik. Die ukrainischen und russischen Soldaten werden nicht auf unterschiedlichen Seiten der Barrikaden sein."

Jetzt ist Putin vor die Presse getreten. Er äußert sich gleich zu Beginn zur Lage in der Ukraine: "Das ist eine bewaffnete Machtübernahme gewesen, ein verfassungswidriger Staatsstreich", sagt er. Was er nicht beantworten könne, ist, wozu dies geschehen ist: "Janukowitsch hat unter Vermittlung von drei Außenministern der EU und meines Vertreters eine Vereinbarung unterschrieben und seine Befugnisse abgegeben, er hat alles gemacht, was die Opposition gefordert hat."

Er habe den Befehl gegeben, die gesamte Polizei abzuziehen - und sei dann nach Charkow gefahren. Danach sei seine Residenz besetzt worden, anstatt das auszuführen, was ausgemacht war: "Warum musste man verfassungwidrige Schritte setzen? Warum musste man das Land in ein solches Chaos zerren?"

Dennoch: Er verstehe die Leute auf dem Maidan angesichts des Ausmaßes an Korruption, die in der Ukraine geherrscht habe. Sie seien es gewohnt, dass "ein Schurke durch einen anderen ersetzt wird", so Putin.

Alles wartet nach wie vor auf Wladimir Putin - russische Medien schlagen sich indessen mit einer Meldung herum, die skurriler nicht sein kann: Viktor Janukowitsch soll unbestätigten Berichten zufolge an einer Herzattacke verstorben sein, ist im russischen Netz zu lesen. Die russische Pravda etwa berichtet - auch auf ihrer englischen Seite -, dass der Opositionelle Mikhail Lebed das Gerücht in die Welt gesetzt hätte. Janukowitsch soll, so habe ihm ein befreundeter Arzt erzählt, in Rostov eine Herzattacke erlitten. Dort hatte er auch seinen letzten TV-Auftritt am Freitag gehabt. "Janukowitsch wurde am 3. März um 11 Uhr eingeliefert, eine Stunde später starb er", wird Lebed zitiert.

Damit war irgendwie zu rechnen: Gazprom -Chef Miller kündigt eine Erhöhung des Gaspreises für die Ukraine ab April an. Die Ukraine
habe zudem Gazprom am Montag mitgeteilt, die Gasrechnung für Februar nicht vollständig begleichen zu können. AP-Korrespondentin Laura Mills twittert dazu, dass die Ukraine Russland somit 1,5 Milliarden Dollar schuldet.

Der neue ukrainische Premier Arzenij Jazenjuk will am Donnerstag nach Brüssel reisen und sich mit den EU-Spitzen beim Sondergipfel zur Ukraine treffen, meldet AFP unter Berufung auf Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Auf Twitter übt man sich indessen ein wenig Humor, was die noch immer ausstehende Pressekonferenz Putins angeht:

Der Raum der Pressekonferenz in Putins Privatgemächern ist mittlerweile gefüllt - der Präsident lässt aber noch auf sich warten. Seit 9.30 Uhr, sei angemerkt. Anfangs hieß es zudem, auslädnische Medien seien nicht zugelassen; dies dürfte sich - glaubt man Twitter - aber nicht bestätigt haben.

Deutschlands Außenminister Steinmeier hat sich unterdessen in Genf mit seinem russischen Gegenüber getroffen - er warnt nach dem Gespräch nochmals eindringlich vor einer blutigen Eskalation: Die Spannungen hielten unvermindert an und die Stimmung sei hochnervös, so Steinmeier nach Gesprächen mit Lawrow und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

In Sotschi werden am kommenden Freitag die Paralympics eröffnet - ungeachtet der Krim-Krise. In Sorge ist man bei den verantwortlichen dennoch: Das Internationale Paralympics Komitee (IPC) blickt mit Sorge auf den Konflikt zwischen Paralympics-Gastgeber Russland und der Ukraine um die Schwarzmeer-Halbinsel Krim. „Wir beobachten die Situation genau und die Sicherheit und das Wohlbefinden der Athleten und Offiziellen haben für uns oberste Priorität“, so IPC-Präsident Philip Craven am Dienstag bei seiner Ankunft in Sotschi.

Bis zum Dienstagvormittag waren 39 der 45 teilnehmenden Nationen in Sotschi eingetroffen, darunter nach dreistündigem Flug auch das 13-köpfige österreichische Team.

Die Russen setzen den Kauf von ausländischen Währungen aus: „Wegen der aktuell hohen Volatilität an den Finanzmärkten“ werde der Erwerb mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, so das Finanzministerium. Ob dies rein wirtschaftliche oder auch politische Gründe hat, sagte man natürlich nicht - das Ministerium kann täglich Devisen im Gegenwert von 3,5 Mrd. Rubel (rund 70 Mio. Euro) erwerben, um einen der beiden staatlichen Reservefonds aufzufüllen, der mit Ölsteuern finanziert wird.

Die zwei russischen Kriegsschiffe, die am Morgen den Bosporus pasiert haben, sind laut der russischen Agentur Interfax im Schwarzen Meer angelangt. Der Abzug der Truppen aus dem ukrainischen Nahegebeit dürfte also wenig mit den Truppen zu tun haben, die auf der krim stationiert sind: Moskau macht keine Anstalten, die Streitkräfte von dort abzuziehen. Bis zu 25.000 Mann sollen sich laut russischen Medien dort aufhalten.

Auch die Amerikaner zeigen Flagge, wie es aussieht: Der US-Flugzeugträger USS George H. W. Bush ist in Griechenland vor dem Hafen von Piräus vor Anker gegangen, berichtete das griechische Fernsehen am Dienstag. Militärexperten werteten dies als Statement gegenüber Russland. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass das Schiff ins Schwarze Meer einfährt, da Flugzeugträger in geschlossenen Meeren nicht eingesetzt werden.

Von Piräus aus ist die Einfahrt der Dardanellen, die zum Marmara Meer und dem Schwarzen Meer führen, nur etwa zehn Stunden entfernt. Der 300 Meter lange Flugzeugträger mit 3500 Mann und mehreren Kampfjets an Bord wird nach Informationen aus Kreisen des griechischen Verteidigungsministeriums "ein paar Tage" bleiben.

Der Raum, wo Wladimir Putin seine Pressekonferenz abhalten will, ist nach wie vor leer, ist auf TV-Bildern zu sehen: Der Präsident lässt auf sich warten. Abgehalten wird das Gespräch in den privaten Räumen der Residenz Putins in Moskau.

Eisntweilen ein Blick auf die Krim: Im Belbek, wo zuvor Warnschüsse von pro-russischer Seite in Richtung ukrainischen Soldaten abgegeben worden sind, haben die Ukrainer Stellung vor dem Luftwaffenstützpunkt bezogen. Der Time-Journalist Simon Shuster hat Bilder davon getwittert:

Laut Staatsmedien wie RIA Novosti oder Russia Today haben sich drei weitere ukrainische Luftverteidigungsregimenter unter das Kommando der örtlichen Führung der Krim gestellt. Insgesamt seien es 700 Soldaten, die übergelaufen seien. Der Kreml droht indessen den USA mit Konsequenzen, solte Washington seine Drohung der Sanktionen tatsächlich realsieren. Sollte etwa die Regierung in Washington die Konten russischer Geschäftsleute und anderer Personen einfrieren, werde Moskau allen Haltern von US-Staatsanleihen empfehlen, diese zu verkaufen, so Reuters. Nebenbei hat Moskau die Einfuhr von Schweinen aus den USA gestoppt - symbolisch auch nicht uninteressant.

Der deutsche Außenminister Steinmeier spricht übrigens von der "schärften Krise in Europa seit dem Fall der Mauer" - er warnt eindringlich vor einer Eskalaition und wörtlich "vor einem Krieg".

Wladimir Putin soll eine Pressekonferenz für in Nowo Ogarjowo nahe Moskau eine Pressekonferenz abhalten, berichten Reporter vor Ort. Ein offizielles Statement dazu gibt es aber noch nicht, aber auch der russische Sender RTR bestätigt das Pressegespräch.

Die Agentur AP berichtet indes davon, dass pro-russische Kräfte auf dem Luftwaffenstürtzpunkt Belbek Warnschüsse abgegeben hätten - 300 ukrainische Soldaten sollen versucht haben, dort einzudringen und wieder die Kontrolle über die Basis zu erlangen - die Männer hätten ihre Jobs zurückgefordert, so die Agentur. Die pro-russischen Truppen hätten deshalb damit gedroht, auf sie zu schießen.

In der ukrainischen Stadt Perewalnoe nahe Simferopol wird von einem Aufmarsch von Einsatzkräften berichtet - angeblich handlet es sich dabei um russisches Militär. Wie viele russische Streitkräfte derzeit auf ukrainischem Territorium sind, ist nicht bestätigt; angeblich sollen es um die 16.000 sein.

Zwei russische Kriegsschiffe sollen den Bosporus in der türkischen Metropole Istanbul passiert haben - sie seien Teil der russischen Schwarzmeerflotte und würden Kurs in Richtung Schwarzes Meer nehmen, melden Agenturen. Nach türkischen Medienberichten handelte es sich um die "Saratow" (Nummer 150) und die "Jamal" (Nummer 156). Sie durchquerten die Meerenge am Dienstag in der Früh gegen 07.30 Uhr (06.30 MEZ).

Auch in Österreich spürt man die Spannungen: Die ukrainische Gemeinde in Österreich hat zu Demonstrationen für den Frieden und gegen "die Invasion der russischen Streitkräfte" in ihrer Heimat aufgerufen. Am heutigen Dienstag wird laut einer Aussendung in Wien vor den Botschaften der USA und Großbritanniens sowie dem Sitz der Vereinten Nationen protestiert.

Für den morgigen Mittwoch wurden Aktionen vor der russischen Botschaft sowie am Stephansplatz angekündigt. Man wolle mit den Kundgebungen zu "durchgreifenden Maßnahmen" aufrufen; nicht nur die Rechte und Freiheiten der ukrainischen Bürger, der Frieden auf der ganzen Welt stehe auf dem Spiel. "Wir protestieren gegen die Invasion der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Wir protestieren gegen die russische Propaganda gegen die sogenannten 'Nationalisten' in der Ukraine. Wir protestieren gegen die Verbreitung von Informationen, die nicht der Wahrheit entsprechen sowie gegen die Verunstaltung von Tatsachen", erklärte der Verein demokratische Ukraine. "Jeder Europäer muss begreifen, dass im Moment eine immense Kriegsgefahr im Zentrum Europas besteht.

Die russische Börse reagierten nach einem Kursrutsch zum Wochenstart mit deutlichen Kursgewinnen auf die Agenturberichte zur Anweisung der Truppenrückkehr - das Börsenbarometer MICEX notierte im frühen Handel 3,4 Prozent höher. Der Euro zog zum Dollar an. Mehr über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krim-Krise lesen Sie hier.

Eine erste Reaktion oder Taktik? Wladimir Putin hat Agenturberichten zufolge die in dieser Woche an Manövern unweit der Ukraine beteiligten Soldaten angewiesen, in ihre Stützpunkte zurückzukehren. Die Übungen seien erfolgreich gewesen, zitierten russische Agenturen einen Kreml-Sprecher am Dienstag. Die Manöver fanden im Westen Russlands statt in einem Gebiet, das an die Ukraine grenzt. 150.000 Mann sollen dort an den Übuingen beteiligt gewesen sein, berichten russische Agenturen. Nach russischer Darstellung hatten sie jedoch "nichts mit den Vorgängen in dem Nachbarland" zu tun.

Der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk äußetre sich via Bild zur Krim-Krise: Er wirft seinem östlichen Nachbarn einen schweren Bruch des Völkerrechts vor. „Unsere russischen Nachbarn haben ohne Grund einen Akt der Aggression auf unserem Staatsgebiet begangen. Die autonome Republik Krim war, ist und bleibt auch ukrainisches Territorium“, do der ukrainische Premier. Er forderte er eine friedliche Lösung des Konflikts: „Man darf sich so im 21. Jahrhundert nicht verhalten. Mit Panzern, Soldaten und Drohungen erreicht man nichts.“

Die Nacht auf der Krim verlief ruih - aus diplomatischer Sicht jedoch spitzt sich die Lage zu: Die USA haben in den Nachtstunden die militärische Zusammenarbeit mit Russland ausgesetzt. Alle "militärischen Verbindungen" seien auf Eis gelegt, teilte das Pentagon in Washington mit. In der Erklärung wurde Moskau aufgerufen, die russischen Streitkräfte auf der Krim in ihre Stützpunkte zurückzubeordern.

Auch gemeinsame Übungen, bilaterale Treffen, Hafenvisiten und Planungskonferenzen seien ausgesetzt worden. Die militärischen Beziehungen beider Länder hätten in den vergangenen Jahren für Transparenz gesorgt und das "Risiko militärischer Fehleinschätzungen" verhindert, hieß es. Das US-Verteidigungsministerium überwache die Situation in der Ukraine genau und stehe mit Partnern, Verbündeten und der NATO in engem Kontakt.

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