Linken-Chefin Wissler kündigt Aufklärung von Sexismus-Vorwürfen an
Linken-Chefin Janine Wissler hat eine umfassende Aufklärung des Sexismus-Verdachts in der deutschen Partei angekündigt und Vorwürfe der Vertuschung zurückgewiesen. Die Fälle müssten so gut wie möglich aufgearbeitet werden, sagte Wissler am Samstag vor einer Vorstandssitzung der Linkspartei in Berlin. Nach dem Rücktritt der Co-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow trat Wissler Spekulationen über einen eigenen Rückzug entgegen.
Sie wolle die Partei zusammen mit dem gesamten Vorstand durch die schwierige Zeit führen und den Parteitag Ende Juni in Erfurt vorbereiten, sagte die Politikerin. Hennig-Wellsow hatte am Mittwoch 14 Monate nach dem Amtsantritt mit Wissler ihren sofortigen Rücktritt erklärt. Sie begründete dies mit unerfüllten Erwartungen bei der Erneuerung der Partei, persönlichen Motiven, aber auch mit dem Umgang der Linken mit Sexismus in den eigenen Reihen. Wissler führt die Linke vorerst alleine weiter.
Wissler sagte, sie weise die Unterstellung zurück, vor Ende 2021 Kenntnis über Vorwürfe sexueller Belästigung im Landesverband Hessen gehabt zu haben. Als sie von den Vorwürfen erfahren habe, habe sie den Landesvorstand sofort informiert. Die Geschäftsstelle der Bundes-Linken habe sie Mitte Jänner informiert und gebeten, den Vorgang an die entsprechende Vertrauensgruppe weiterzuleiten. Sie selbst habe dies nicht tun wollen, um keinerlei Verdacht aufkommen zu lassen, dass sie persönlich Einfluss nehmen wolle. Vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen im Mai warb Wissler bei Mitgliedern und Anhängern um Vertrauen.
"Struktur reicht nicht aus"
Im Namen des Vorstands entschuldigte sich Wissler bei allen, die sexistische Erfahrungen bei der Linken gemacht hätten. Selbstkritisch räumte sie ein, es sei nicht ausreichend gewesen, im Oktober eine Vertrauensgruppe aus Mitgliedern des Vorstands einzurichten, um eine Anlaufstelle für Betroffene zu schaffen. "Heute müssen wir feststellen: Diese Struktur reicht überhaupt nicht aus." Es sei eine Fehleinschätzung gewesen, dass eine Vertrauensgruppe aus Mitgliedern eines Vorstands mit solchen Fällen umgehen könne. Der Vorstand greife nun auf externe Hilfe zurück, um eine von innerparteilichen Interessen unabhängige Klärung zu ermöglichen.
Der 44-köpfige Linken-Vorstand wollte bis Sonntag über das weitere Vorgehen nach dem Rücktritt von Hennig-Wellsow beraten. Der Parteitag in Erfurt war ursprünglich nicht als Wahl-, sondern als Programmkonvent geplant. Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katja Maurer hatte sich im "Hauptstadt Podcast" des Nachrichtenportals "The Pioneer" dafür stark gemacht, dass auch Wissler ihren Posten räumt. Mehrere Mitglieder des 44-köpfigen Parteivorstands wollen die Basis über den künftigen Parteivorsitz entscheiden lassen.
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