Von Lincoln bis Reagan: Wer auf US-Präsidenten schoss - und warum
Er war ein psychisch kranker, sozial isolierter Teenager, der so verzweifelt nach einem Sinn für sein Leben suchte, dass er diesen einmal im Sozialismus und wenig später bei den US-Marines fand: Lee Harvey Oswald, der Mann, der 1963 in Dallas John F. Kennedy erschoss, ist nicht nur das bekannteste, sondern wohl auch das markanteste Beispiel für jene Männer - und es waren ausschließlich Männer - die versuchten US-Präsidenten zu ermorden. Wie beim 24-jährigen Oswald, der versucht hatte, seine sozialistischen Träume in der Sowjetunion zu verwirklichen, lassen sich bei fast allen Attentätern politische Motive, Hintergründe und oft auch Verbindungen ausfindig machen. Die aber bleiben meist vage und verschwommen, strategisch und von einer Terrorzelle systematisch geplante Anschläge waren all diese Attentate nicht.
Abraham Lincoln (1865): Racheakt eines frustrierten Südstaaten-Anhängers
Der bekannte Schauspieler John Wilkes Booth war ein Anhänger der Konföderation der US-Südstaaten gewesen, die gerade den US-Bürgerkrieg verloren hatten. Booth hatte sich zwar nie aktiv am Krieg beteiligt, sympathisierte aber mit den Konföderierten und stand auch in Kontakt mit einigen ihrer Vertreter. Eigentlich wollte Booth den US-Präsidenten als Geisel nehmen und im Austausch die Freilassung einiger gefangener Südstaaten-Offiziere erzwingen. Nachdem er aber eine Rede Lincolns gehört hatte, in der dieser das Wahlrecht für Schwarze gefordert hatte, beschloss er ihn zu ermorden. Er streckte ihn aus kurzer Distanz am Karfreitag 1865 während einer Vorstellung im Ford's Theatre in Washington DC nieder. Lincoln starb nur Stunden später, Booth wurde in Virginia einige Tage danach aufgespürt und von Soldaten der US-Armee erschossen.
James Garfield (1881): Attentäter fühlte sich um Karriere betrogen
Dass der 20. Präsident der USA tatsächlich an den Folgen des Attentats an eine Bahnstation in Baltimore starb, ist vor allem eine Folge der völlig stümperhaften Versorgung seiner Wunden durch Ärzte. Diese infizierten die Wunden des erst kurz vorher ins Amt gekommenen Präsidenten, dass er elf Wochen später daran elend zugrunde ging. Der Attentäter, Charles J. Guiteau, war eigentlich ein Anhänger Garfields, dessen Hoffnungen auf einen hochrangigen diplomatischen Posten aber enttäuscht worden waren. Das lag aber vor allem daran, dass er Syphilis im Endstadium hatte, eine Phase, in der Gehirn und Zentralnervensystem bereits schwer in Mitleidenschaft gezogen sind. Der 41-Jährige wurde zum Tod verurteilt und gehängt.
John F. Kennedy (1963): Verschwörungstheoretiker bis heute nicht verstummt
Er war der bisher jüngste US-Präsident und ein Hoffnungsträger für das junge und liberale Amerika, für das John F. Kennedy den Aufbruch aus dem vom Kalten Krieg, Rassentrennung und antikommunistischer Hetzjagd geprägten Nachkriegsjahren bedeutete. Entsprechend massiv war der Schock und das nationale Trauma, das Kennedys Ermordung am 22. November 1963 in Dallas auslöste. Dass Lee Harvey Oswald nur zwei Tage nach dem Attentat selbst erschossen wurde, und zwar von einem Unterwelt-Paten, machte Verwirrung und Hysterie nur noch größer. Das Vorleben des 24-jährigen Oswalds, der sich für den Sozialismus begeistert und mehr als ein Jahr in der Sowjetunion verbracht hatte, machte für viele Amerikaner eine kommunistische Verschwörung offensichtlich. Doch das war nur eine von vielen Theorien, die sich rund um dieses Attentat ranken, von einer Verschwörung des Geheimdienstes CIA bis zu einem vom kommunistischen Kuba geplanten Anschlag. Dass die von Kennedys Nachfolger eingesetzte Untersuchungskommission nach monatelanger Arbeit Oswald zum Einzeltäter erklärte und ein politisches Komplott ausschloss, hat diesen Theorien keinen Abbruch getan - bis heute.
Ronald Reagan (1981): Täter wollte einen Hollywood-Star beeindrucken
Wenige Monate nach seinem Triumph bei den Präsidentschaftswahlen wurde der Republikaner nach einer Rede in einem Hotel in Washington von einem psychisch kranken Einzeltäter namens John Hinckley angeschossen und schwer verletzt. Er entkam nur knapp dem Tod. Hinckley, ein damals 25-jähriger Einzelgänger, der an seinem Studium und im Leben gescheitert war und mit Psychopharmaka behandelt wurde, hatte zwei Leidenschaften: Waffen und die Hollywood-Schauspielerin Jodie Foster. Der Film "Taxi Driver", in dem Foster eine minderjährige Prostituierte spielt, stürzte Hinckley in ein erotischen Wahnzustand. Er wollte von Foster irgendwie wahrgenommen werden und hielt das Attentat auf den Präsidenten für das geeignete Mittel. Hinckley wurde nach dem Attentat vom Gericht für geistig nicht zurechnungsfähig und daher unschuldig erklärt. Er verbrachte 35 Jahre in psychiatrischen Anstalten, aus denen er 2016 schließlich entlassen wurde.
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