Für die einen ist das Objekt der Begierde die Oper, für die anderen das Fußballstadion und für dritte der Friseursalon. Doch für all diese Gruppen heißt es nach wie vor: Geduld. Die Corona-Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erlauben solche früheren Selbstverständlichkeiten noch nicht. In anderen Bereichen des öffentlichen Lebens wurden hingegen bereits Lichtungen in den Lockdown geschlagen.
"Noch lange mit Virus leben"
Und dafür gab nun auch die WeltgesundheitsorganisationWHO gleichsam Grünes Licht. Deren Chef, der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesuseine, meinte sinngemäß, dass Westeuropa hinsichtlich der Corona-Krise über dem Berg sei. Zugleich warnte er: „Epidemien können leicht wieder aufflammen.“ In dieselbe Kerbe schlägt auch Angela Merkel. „Wir leben nicht in der Endphase der Pandemie, sondern noch an ihrem Anfang. Wir werden noch lange mit dem Virus leben müssen“, sagte die deutsche Kanzlerin. Dennoch wurden auch in der Bundesrepublik – wie in vielen anderen europäischen Staaten – die rigorosen Einschränkungen gelockert. Ein Überblick.
Deutschland
Seit Wochenbeginn haben Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern wieder geöffnet (zum Vergleich: Österreich maximal 400 Quadratmeter). Da Einschränkungen im Wesentlichen Länderkompetenz sind, gibt es darüber hinaus eine Vielzahl von Sonderregelungen. So will Berlin ab dem 4. Mai Versammlungen von 50 Menschen im Freien ermöglichen, wenn der Mindestabstand von zwei Metern eingehalten wird. Und in einzelnen Ländern haben die Matura-Vorbereitungen begonnen. In Thüringen sind seit gestern wieder Versammlungen und öffentliche Gottesdienste möglich. In geschlossenen Räumen ist die Teilnehmerzahl aber auf 30 begrenzt, unter freiem Himmel auf 50.
Spanien
In dem Land mit mehr als 22.000 Corona-Toten wurden die strikten Ausgangssperren jüngst bis 9. Mai verlängert. So sind etwa sogar Spaziergänge oder Joggen weiterhin verboten. Selbst Kleinkinder dürfen nicht frische Luft schnappen. Das könnte sich aber ändern: Die Regierungen hat Erleichterungen für Buben und Mädchen unter zwölf Jahren in Aussicht gestellt. Bereits seit Ostermontag, der in Spanien kein Feiertag ist, gehen wieder Hunderttausende zur Arbeit – vor allem in den Sparten Industrie und Bau.
Italien
In Österreichs südlichem Nachbarland mit den meisten Covid-19-Opfern in Europa (mehr als 25.000) ist noch wenig Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Die Regierung hat jüngst die strikten Ausgangsbeschränkungen sowie den verordneten Lockdown jeglicher nicht lebensnotwendiger Produktion nochmals bis 3. Mai verlängert – die Maßnahmen gelten bereits seit dem 10. März. Immerhin sind seit Ostern einige kleine Geschäfte wie Buch- und Schreibwarenläden wieder geöffnet. Und noch diese Woche will Premier Giuseppe Conte einen Fahrplan zu einer langsamen Normalisierung präsentieren.
Frankreich
Auch in dem westlichen Corona-Hotspot Europas (mehr als 21.000 Tote) hat das Virus das öffentliche Leben noch fest im Griff. De facto das gesamte Land befindet sich gleichsam im Schlafmodus – und das soll bis 11. Mai noch so bleiben. Erst für die Zeit danach hat Präsident Emmanuel Macron eine schrittweise Öffnung (auch der Kindergärten und Schulen) angekündigt. Wenigsten die Kontaktsperre zu Senioren in Alten- und Pflegeheimen wurde aufgeweicht. Maximal zwei Angehörige gleichzeitig dürfen ihre Liebsten wieder besuchen, unter Einhaltung der Distanzregelung, Körperkontakt ist naturgemäß untersagt. Ähnliches gilt auch in Belgien, wo 50 Prozent der Corona-Toten auf Einrichtungen für ältere Menschen entfallen.
Dänemark
Der nördliche Staat war – mit Österreich und Tschechien (dort empfangen einige Geschäfte schon seit Gründonnerstag wieder Kunden) – einer der ersten, der den absoluten Lockdown beendete. Anders als hierzulande wurden in Dänemark in der Vorwoche zunächst Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen (bis zur fünften Klasse) wieder in Betrieb gesetzt. Vor allem, so argumentierte die Regierung, um jene Eltern zu entlasten, die sich teilweise neben der Arbeit auch um ihre Kinder kümmern mussten.
Unser östlicher Nachbarstaat hat einen Vier-Stufen-Plan aufgelegt. Die Maßnahmen der aktuell laufenden ersten Phase entsprechen im Wesentlichen den österreichischen. In rund zwei Wochen sollen dann auch Friseure oder Kosmetiksalons wieder aufsperren dürfen. Nach weiteren 14 Tagen sollen Gottesdienste und Hochzeiten – unter Einhaltung der Abstandsregeln und Maskenpflicht – erneut möglich sein. Die Öffnung von Einkaufszentren, Schwimmbädern, Kinos oder Theater ist erst (nach regelmäßiger Prüfung der Entwicklung der Corona-Zahlen) für Stufe vier vorgesehen.
Schweden
Da das Königreich bekanntlich seinen eigenen Weg ohne rigorosen Lockdown geht, sind Lockerungen nicht das Thema. Zwar wurden Seniorenheime für Besucher geschlossen und Versammlungen mit mehr als 50 Personen untersagt, ansonsten blieb es aber lediglich bei Aufrufen der Behörden, von zu Hause zu arbeiten und unnötige Fahrten zu vermeiden. Skigebiete blieben offen, Schulen, Restaurants, Bars ebenso – wenngleich es bei Letzteren teilweise Einschränkungen gibt.
Großbritannien
Auf der Insel wurde lange Zeit nichts unternommen, um der Corona-Krise Herr zu werden. Jetzt, nach mehr als 18.000 Toten, sind strenge Restriktionen in Kraft, deren Ende nicht absehbar sind. Pubs könnten gar bis Jahresende geschlossen bleiben.
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