Libyer wehren sich gegen Radikale

Libyer wehren sich gegen Radikale
Tausende Libyer, die zuerst gegen die Gewalt demonstrierten, stürmten in Bengasi die Verstecke von bewaffneten Islamisten.

Ihren Langzeit-Diktator Muammar Gaddafi hatten die Libyer im Vorjahr nach blutigen Kämpfen abschütteln können. Doch Ruhe kehrte seither im "neuen Libyen" nie ein, mehr und mehr bewaffnete Milizen, einige von ihnen radikal-islamische mit dem Ziel der Errichtung eines "Gottesstaates", terrorisieren das Land im Umbruch. Polizei und Armee haben den bis an die Zähne bewaffneten Radikalen wenig entgegen zu setzen – Zigtausende Libyer wollen diese neue Unterdrückung nicht hinnehmen.

30.000 Bewohner der Stadt Bengasi protestierten am Freitag – zunächst friedlich – für Demokratie und gegen die Gewalt der Milizen. Doch immer größer wurde der Zorn, bis die ersten Gruppen einen Stützpunkt der bewaffneten Islamistenmiliz Ansar-al-Sharia stürmten. Diese soll verantwortlich sein für den tödlichen Angriff auf das US-Konsulat vor zehn Tagen, bei dem der Botschafter und drei weitere US-Botschaftsmitarbeiter getötet wurden. Ihr werden enge Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida nachgesagt.

"Zurück nach Afghanistan"

Die teils mit Schwertern und Fleischermessern ausgerüsteten Demonstranten forderten die Islamisten auf, zu verschwinden: "Ihr Terroristen, ihr Feiglinge. Geht zurück nach Afghanistan!" Der Angriff auf die Extremisten dürfte Teil einer koordinierten Aktion von Polizei, Regierungstruppen und Aktivisten gewesen sein.

Nach der erfolgreichen Zerstörung des Ansar-al-Sharia-Hauptquartiers stürmten die Demonstranten auf ein weiteres Islamisten-Lager, trafen dort aber auf massive Gegenwehr. Mindestens vier Menschen dürften bei den Kämpfen ums Leben gekommen sein, Dutzende wurden verletzt. Das Gelände wurde geplündert, den Demonstranten fielen Hunderte Waffen in die Hände – die wenigsten davon wurden bisher bei Polizei und Armee abgegeben.

Wendepunkt

Das gemeinsame Vorgehen von Regierung und Zivilisten gegen die Islamisten bedeutet einen Wendepunkt für das instabile Libyen und auch die bisher so schwache neue Staatsführung. Doch Anshar-a-Sharia und andere Islamistenmilizen haben noch andere Stützpunkte im Land, vor allem nahe der Küstenstadt Derna: Die Region gilt als Rekrutierungszentrum für Islamisten, die bereits in Afghanistan und im Irak gekämpft haben.

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