Libyens Premier: „Mit uns wird es keine Deals geben“

Wer durch Libyen nach Europa gekommen ist, hat oft Schreckliches  zu berichten
Es wird eng für die EU-Pläne, Asylzentren in Nordafrika zu schaffen. Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten und Libyen lehnen ab.

Wer mit Flüchtlingen spricht, die über Libyen nach Europa gekommen sind, bemerkt vor allem eines: Schrecken. Viele können oder wollen nicht davon sprechen, was sie in dem Transitland erlebt haben. Viele Migranten sind dort der Willkür von Schleppern, Milizen, Sicherheitskräften und anderen bewaffneten Gruppen ausgeliefert. Hunderttausende sitzen immer noch in der Transitzone in der Falle.

Bis zu einer Million Flüchtlinge und Migranten, die nach Europa wollten, sollen sich derzeit in Libyen befinden. Zehntausende von ihnen in Internierungslagern. In diesen Lagern, die teils von der libyschen Behörde zum Kampf gegen illegale Migration (DCIM) und teils von lokalen Milizen geführt werden, sollen laut NGOs Missbrauch, Folter, Mord, Vergewaltigung und Sklaverei an der Tagesordnung stehen. Ganz abgesehen davon, dass die Lager überfüllt sind und keinen hygienischen Standards entsprechen.

Libyens Premier: „Mit uns wird es keine Deals geben“

Hunger, Folter, Ungewissheit: NGOs deckten die Missstände in libyschen Lagern auf

Ertrinken lassen

Gleichzeitig soll die libysche Küstenwache Boote von Schleppern durchwinken, mit denen sie Abmachungen getroffen hat, und Flüchtlinge auf seeuntauglichen Booten absichtlich „übersehen“, berichten NGOs – die libysche Regierung dementiert. Europäischen Helfern ist es nicht erlaubt, in libysche Gewässer einzudringen. Tausende Menschen ertrinken.

„Um Schleppern das Handwerk zu legen“, so heißt es in Brüssel, plant die EU seit dem Asylgipfel Ende Juni unter anderem Flüchtlingslager in Nordafrika. Dort sollen Menschen registriert werden, die Asyl in der EU suchen.

Nordafrika will nicht

Bloß, der Wille in den nordafrikanischen Staaten, die Asylarbeit der EU zu erledigen, ist enden wollend. Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten und Libyen lehnen diese Plattformen ab. Der libysche Regierungschef Fajis al-Sarraj hat das am Freitag in einem Bild-Interview bekräftigt: „Wir sind absolut dagegen, dass Europa ganz offiziell bei uns illegale Migranten unterbringen will, die man in der EU nicht haben möchte.“ Zuletzt hatte das Vizepremier Ahmed Meitik bei einem Besuch des italienischen Innenministers Matteo Salvini Ende Juni bekräftigt.

Sein Land sei in dieser Frage auch nicht mit Geld zu beeinflussen, sagte Premier Sarraj, der Chef der international unterstützten Regierung in Libyen, der Bild: „Wir werden auch keine Deals mit Geld mit der EU machen.“ Die EU solle vielmehr „mit den Ländern reden, aus denen die Menschen kommen und dort auch Druck ausüben“. Er wünscht sich Unterstützung für seine Küstenwache, für die Herkunftsländer der Flüchtlinge in Afrika und einen globalen Plan, um die Flüchtlingskrise zu lösen.

Seit 2016 haben mehrere EU-Staaten Abkommen mit libyschen Behörden getroffen, die die Migration über das Mittelmeer eindämmen sollen. Allen voran Italien, das auch seinerzeit mit Muammar Gaddafi einen Deal schloss.

Doch Experten warnen seit Monaten vor einem Abkommen der EU mit Libyen, was Flüchtlinge und Migranten angeht. Die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarraj kontrolliert nur kleine Teile des Landes. Noch immer gibt es zwei rivalisierende Regierungen, lokale Milizen, Islamisten, Schmuggler, Menschenhändler, Kämpfe um Ölquellen. Im Dezember soll gewählt werden, die Hoffnung auf eine Einheitsregierung sind gering.

Rom schließt Häfen

Um die Rettungen im Mittelmeer erhebt sich seit Wochen eine riesige Debatte. Mehr als 1500 Menschen sind im laufenden Jahr bei ihrer Flucht nach Europa ertrunken. Vor Gericht müssen sich Helfer verantworten, die Menschen vor dem Tod im Meer gerettet haben. Die Regierung in Rom will jetzt nicht mehr nur den NGOs verbieten, Gerettete in italienische Häfen zu bringen, sondern auch den Schiffen offizieller internationaler Missionen gegen Schlepper.

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