Libyen: Rebellen schikanieren Zivilisten

Libyen: Rebellen schikanieren Zivilisten
Der Westen griff zum Schutz der libyschen Bevölkerung ein. Aber auch die Gaddafi-Gegner drohen und plündern.

Im dunklen Anzug und ebensolcher Krawatte saß der Premier des libyschen Übergangsrates, Mahmoud Jibril, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Belgien hat, wie 20 andere Staaten auch, den Übergangsrat als legitime Vertretung Libyens anerkannt.

Der studierte Ökonom Jibril, der seit 2007 dem libyschen Revolutionsführer gedient hatte, ist seit 23. Februar Chef der Gaddafi-Gegner. Seit Wochen tingelt er durch die Welt auf der Suche nach Unterstützung in einem Kampf, dessen Ende nicht abzusehen ist.

Viel nachgefragt, wer diese Krieger sind, die den Obersten aus dem ölreichen Wüstenstaat auf der anderen Seite des Mittelmeers vertreiben wollen, hat der Westen nicht. Zu groß war die Begeisterung über den "arabischen Frühling" samt seinem angeblichen Dominoeffekt, der einen Tyrannen nach dem anderen aus dem Amt fegen würde.

Keine weißen Westen

Nun aber kratzt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Image der Aufständischen. Bei ihrem Vormarsch Richtung Tripolis hätten die Rebellen Menschenrechtsverletzungen begangen, konstatiert HRW. Mitarbeiter der Organisation hätten im Juni und Juli Übergriffe selbst beobachtet. Darunter seien Gewalt gegen Zivilisten, Brandschatzung und Plünderungen gefallen. "Die Oppositionsführer sollten alle Misshandlungen durch Rebellen stoppen und bestrafen", fordert der HRW-Direktor für Nordafrika.

Selbst in Frankreich, das im Krieg gegen Gaddafi im März vorgeprescht war, kehrt Ernüchterung ein. Laut Neue Zürcher Zeitung präsentiert sich das Verhältnis von Paris zum Übergangsrat und den kämpfenden Rebellen kompliziert. Es herrsche dort ein "Überfluss an Prestigedenken und ein Manko an Koordination" vor.

Die Vorstellung, wonach sich noch vor der Sommerpause eine Wende im militärischen Kräfteverhältnis einstellen würde oder gar eine Palastrevolution gegen Gaddafi, habe sich als Illusion erwiesen, schreibt die Zeitung. Verhandlungen mit Gaddafi seien somit unausweichlich.

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