Hundertschaften von Reportern, Fotografen und Kamerateams vor einem Wiener Hotel, vor dem Außenministerium oder auf dem Weg ins Konferenzzentrum an der Donau, schwarze Limousinen mit Blaulichtbegleitung, Absperrungen – an dieses Bild haben sich die Wiener in den vergangenen zwei Jahren schon gewöhnt: Die Bundeshauptstadt ist sichtbar wieder zur Drehscheibe für internationale Politik geworden.
Kerry und Lawrow beraten über Lage in Libyen
Und ab Pfingstmontag ist es wieder so weit: Mehr als 17 Außenminister mit dem Amerikaner John Kerry und dem Russen Sergej Lawrow an der Spitze beraten im Außenministerium über die katastrophale Lage in Libyen; Tags darauf berät eine ähnliche Runde über das Bürgerkriegsland Syrien. Mittwoch könnten weitere politische Gespräche folgen.
1960er und 1970er Jahre
Viele Jahrzehnte hat sich Österreich die Rolle als Brücke zwischen Ost und West und als Vermittler mehr eingeredet, als sie ausgeübt. Das neutrale Land am Eisernen Vorhang war zwar Schauplatz eines amerikanisch-sowjetischen Präsidenten-Treffens (Kennedy – Chruschtschow 1961);
Wien wurde Ende der 70er-Jahre zum vierten Amtssitz der UNO und Heimat vieler internationaler Organisationen; Bruno Kreisky sorgte für Aufsehen mit seinen Kontakten zu PLO-Chef Jassir Arafat und Libyens Diktator Muammar Gaddafi; und die Balkan-Expertise der österreichischen Außenpolitiker ist bis heute gefragt. Aber Schauplatz großer internationaler Politik war Österreich nicht.
Iran-Deal, Syrien
Das hat sich unter Außenminister Sebastian Kurz geändert. Motto: Wien ist als außenpolitischer Player zu unbedeutend, aber als Ort der Begegnungen ideal. Schon bald nach Amtsantritt funktionierte Kurz ein routinemäßiges Europarats-Außenministertreffen (Vorsitz damals: Österreich) aus gegebenem Anlass zu einem viel beachteten Ukraine-Krisentreffen in der Wiener Hofburg um. Er holte die Atomverhandlungen der internationalen Gemeinschaft mit dem Iran mehrfach nach Wien, wo die Knochenarbeit für jenes Abkommen geleistet wurde, das im Sommer 2015 in Wien präsentiert wurde.
Die guten Erfahrungen, die Kerry und Lawrow mit dem Konferenzort an der Donau gemacht hatten, trugen mit dazu bei, dass die Syrien-Verhandlungen im Oktober 2015 in Wien begannen: Zunächst mit Kerry, Lawrow, dem türkischen und dem saudischen Außenminister in kleiner Runde, eine Woche später bereits auch mit dem saudischen Außenminister und allen entscheidenden (nicht-syrischen) Playern im großen Format. Eine dritte Syrien-Konferenz im November legte, unter dem Eindruck des Terrors in Paris, den weiteren Fahrplan für den Syrien-Friedensprozess fest, der seither in Genf stattfindet – und stockt.
Jetzt soll er wieder flott gemacht werden. Schauplatz: Wien.
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