Lesbische Regierungschefin als serbisches Signal an EU

Leichter Widerstand. Die Ernennung der erfolgreichen Karrierefrau sorgt im streng orthodoxen Land mancherorts für Kritik.

Serbien bekommt seine erste Ministerpräsidentin und gleichzeitig seine erste homosexuelle Regierungsführung. Die 41-jährige Ana Brnabic ist bekennende Lesbe, was im streng orthodoxen Serbien weitläufig als verwerflich gilt.

Trotzdem ernannte sie der starke Mann in Serbien, Alexander Vucic, am Donnerstag als seine Nachfolgerin. Vucic, der am 30. Mai sein Amt als Präsident angetreten hatte, hatte Brnabic erst im August vergangenen Jahres zu seiner Ministerin für Staats- und Lokalverwaltung bestimmt, zuvor war die parteilose Karrierefrau nicht in der Politik gewesen.

"Ich glaube, dass Brnabic die professionellen und persönlichen Qualitäten mitbringt, um Premierministerin zu sein und zusammen mit ihrem Kabinett am Fortschritt und der Verbesserung Serbiens arbeiten wird", sagte Vucic.

Brnabic hatte sich als erfolgreiche und international vernetzte Managerin für einen Regierungsposten empfohlen. Nach einem BWL-Studium an der Northwood Universität im US-Bundesstaat Michigan sowie an der Hull-Universität in England arbeitete sie als Beraterin von EU-Programmen zur Entwicklung der Landwirtschaft in Serbien. Außerdem bekleidete sie eine Führungsposition bei einer Agentur für Entwicklungshilfe. Danach arbeitete Brnabic als Direktorin von Continental Wind Serbia, einem Ableger eines US-Windenergie-Unternehmens. 2013 wurde Brnabic, die fließend Englisch und Russisch spricht, als Businessfrau des Jahres geehrt.

Nicht in allen Parteien sorgt die Ernennung für Freude: "Ana Brnabic ist nicht meine Ministerpräsidentin", sagte etwa Dragan Markovic, Chef der Kleinpartei "Einheitliches Serbien".

Amtsantritt fix

Die offizielle Ernennung zur Ministerpräsidentin ist Brnabic nicht mehr zu nehmen, da das Regierungsbündnis über eine klare Zweidrittelmehrheit im serbischen Parlament verfügt. Bis spätestens kommenden Freitag soll die Regierung stehen.

Brnabic, die über gute Kontakte zur EU verfügt, dürfte für die EU-Beitrittsgespräche Serbiens von Vorteil sein. Zudem vermuten Beobachter, dass Vucic mit seiner Wahl ein Zeichen der Offenheit an die westliche Welt senden wollte.

Im vergangenen Jahr wurde Brnabic zur "Gay Icon" Serbiens gewählt und nahm an der größten Schwulenparade des Landes teil. Dabei mussten 5000 Polizisten die etwa 1000 Teilnehmer vor wütenden Übergriffen schützen. Stets betonte Brnabic, dass sie keine "lesbische Ministerin" sei, wie ihre Kollegen ja auch keine "heterosexuellen Minister" seien – sie wolle sich in erster Linie durch ihre Qualifikationen auszeichnen.

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