„Lebensrettung“ nach dem Zähneputzen

Der damalige Bundespräsident Heinz Fischer mit Evo Morales
Alt-Bundespräsident Heinz Fischer über Evo Morales und eine legendäre Zwischenlandung in Wien.

„Er ist ein enthusiastischer, charismatischer, begeisterungsfähiger Politiker und Gesprächspartner, der gut zuhören kann.“ Wenn Heinz Fischer über den im argentinischen Exil sitzenden Evo Morales spricht, klingt viel Anerkennung für den bolivianischen Sozialisten durch, der es aus einfachen Verhältnissen über die Gewerkschaftsbewegung zum Staatspräsidenten geschafft hat.Österreichs Alt-Bundespräsident kennt Morales gut: Der Bolivianer war oft in Wien, u. a., um bei UNO-Konferenzen für die Koka-Bauern in seinem Land einzutreten. „Entstanden ist meine Beziehung zu ihm aber 2013 mit der Flugzeuggeschichte“, schmunzelt Fischer heute noch.

Mehrere EU-Staaten hatten der Präsidentenmaschine Morales’ auf dem Flug von Moskau nach Bolivien die Überfluggenehmigung verweigert – möglicherweise auf Druck der USA, die den Whistleblower Edward Snowden an Bord wähnten. Die österreichische Flugsicherung erteilte aufgrund drängender Hilferufe aus dem Cockpit eine Landeerlaubnis.

Als Heinz Fischer am Morgen Morales in Wien-Schwechat besuchte (Snowden war keiner dabei), „hat er fest geglaubt, er verdankt die Landeerlaubnis mir. Dabei habe ich von der Landung erst in der Früh beim Zähneputzen erfahren.“ Morales indes bejubelte den „Akt der Solidarität“, verlieh Fischer später in Bolivien den höchsten Staatsorden und erzählte bei jeder Gelegenheit und unermüdlich von der „Lebensrettung“ durch den österreichischen Präsidenten.

Hat Evo Morales sein Land gespalten? „Was sich in Brasilien oder Venezuela abspielt, ist in vielen Bereichen nicht unähnlich. Demokratie und Rechtsstaat haben es in Lateinamerika eher schwer“, sagt Fischer. Bolivien sei jedenfalls nicht die Schweiz oder Österreich des Kontinents.

- Andreas Schwarz

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