Kurz im EU-Parlament: Viel Lob, wenig Kritik an Ratspräsidentschaft

Austrian Chancellor Kurz delivers a speech during a debate at the European Parliament in Strasbourg
Bundeskanzler zog in Straßburg Bilanz über die österreichische EU-Präsidentschaft.

In Begleitung von Staatssekretärin Karoline Edtstadler und Familienministerin Juliane Bogner-Strauß kam Bundeskanzler Sebastian Kurz Mittwochvormittag im Europäischen Parlament in Straßburg an.

Im Plenum zog er Bilanz über die österreichische EU-Präsidentschaft – und er war mehr als zufrieden mit den erzielten Erfolgen. Kurz wies auf das Afrika-Forum in Wien hin, bei dem es um eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten ging. Er hob auch hervor, dass es unter Österreichs Vorsitz gelungen sei, den "Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus voranzubringen". 

"Frontex-Mandat gestärkt"

Auch beim EU-Außengrenzschutz gäbe es Fortschritte: Die  Aufstockung auf 10.000 Frontex-Beamte gelang zwar nicht, dafür wurde "das Frontex-Mandat gestärkt" und es gebe auch wieder mehr Rückführungen durch Frontex. Kurz sieht auch eine Stabilisierung am Balkan: Nach jahrelangem Streit hat Mazedonien seinen Namen auf "Nordmazedonien" geändert, Serbien und  Montenegro haben ein neues Kapitel in den Beitrittsverhandlungen geöffnet. Auf die neuen Spannungen zwischen Serbien und Kosovo ging der Bundeskanzler aber nicht ein.

FRANCE-EU-PARLIAMENT

Viel Lob gab es von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber. "Die Bilanz ist beeindruckend", sagte Juncker. Es gebe aber eine Ausnahme, was das große Lob angehe: "Die Nicht-Annahme des UNO-Migrationspaktes. Damit wurde ein negatives Signal ausgesendet. Ich habe es nicht verstanden, warum das passieren konnte", betonte Juncker. Österreich habe auch dazu beigetragen, die Einheit der EU-27 in den Brexit-Verhandlungen zu garantieren.

"Doppelzüngigkeit" warf der Kommissionspräsident den EU-Mitgliedsländern beim Außengrenzschutz vor, weil zunächst alle Staaten die personelle Aufstockung verlangten, und schließlich manchen Regierungen diese ablehnten. "Entweder man tut es, oder man soll den Mund halten", erklärte Juncker. Er wies auch auf die Schaffung der europäischen Arbeitsmarktbehörde hin: "Wer Banken schützt, muss auch Arbeitnehmer schützen", erklärte Juncker.

Rassismus, Antisemitismus: "Das müssen wir abwehren"

Von allen Seiten wurden die deutliche Position Österreichs gegen Antisemitismus gewürdigt. "Ich hätte niemals geglaubt, dass jüdische Mitbürger Angst haben könnten. Hier in Europa gibt es keinen Platz für Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Das müssen wir abwehren", forderte Juncker.

Als Österreich-Kenner entpuppte sich der luxemburgische Christdemokrat mit seinem Satz am Ende seiner Rede: "Vielen Dank und Servus." Begeistert zeigte sich auch Manfred Weber, der Spitzenkandidat der EVP für die EU-Wahl von Österreichs Präsidentschaft und der Rolle von Kanzler Kurz. Das ist kein Wunder, sind die beiden doch eng befreundet. "Was erreicht wurde, ist beachtlich. Österreich hat sich als starkes Land und starke Regierung präsentiert."

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Verhalten fiel die Kritik aus: Von sozialdemokratischer Seite wurde bedauert, dass "die soziale Säule nicht gestärkt wurde. Ein Sozialministerrat wurde im September ohne Gründe abgesagt", warf SPE-Vizechefin Maria João Rodrigues Österreich vor. "Wenig ehrgeizig" zeigte sich das Vorsitzland bei den Verhandlungen über das mehrjährige EU-Budget (2021-2027), der Errichtung der Bankenunion sowie eines Eurozonen-Budgets. "Österreich hat Chancen verpasst, gerade jetzt, wo Europa von einer extremen Rechten bedroht ist", resümierte die portugiesische Abgeordnete Rodrigues.

"Kniefall vor Russland"

Die Fraktionschefin der Grünen, Ska Keller, kritisierte "den Kniefall vor Russland" und die Ablehnung des UNO-Migrationspaktes. "Österreich hat hier polarisiert und polemisiert – und damit Europa geschadet", sagte Keller. Schaden wurde auch mit der Indexierung der Familienbeihilfe angerichtet, betonte die Grün-Politikerin.

Schriftlich nahm ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas Stellung: "Wenn einem die politische Farbe einer nationalen Regierung nicht passt, heißt das noch lange nicht, dass die Ratspräsidentschaft alles falsch gemacht hat. Jeder im EU-Parlament weiß, dass ich nicht das Geringste für die Geisteshaltung und die Rhetorik des kleinen Koalitionspartners der österreichischen Bundesregierung übrig habe. Aber trotzdem verdient es die österreichische Ratspräsidentschaft anhand ihrer konkreten Arbeit beurteilt zu werden."

Seine Kollegin von der SPÖ, Evelyn Regner, kritisierte, dass der Slogan der Präsidentschaft, "Ein Europa das schützt" in der Sozialpolitik nicht eingelöst wurde. "Zum Schutz gehört auch die soziale Sicherheit."

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