Kurz will EU-Einsatz an Libyens Küste
250 Flüchtlinge dürften am Donnerstag vor der libyschen Küste ertrunken sein, berichtet eine spanische Hilfsorganisation. Aktivisten hatten zwei gekenterte Schlauchboote ein paar Kilometer vom Festland entfernt geborgen.
Geht es nach Außenminister Sebastian Kurz, müssen grundlegende Änderungen her: "Wir müssen verhindern, dass Boote überhaupt in See stechen, da sich die Flüchtlinge dann sofort in Lebensgefahr begeben", sagte er gegenüber dem KURIER.
"Recht ändern"
Die Schiffe der Grenzschutzmissionen Triton und Sophia sollten auch in das libysche Hoheitsgebiet eindringen können, um dort Flüchtlingsboote an der Abfahrt zu hindern. Boote, die in internationalen Gewässern aufgegriffen werden, sollten nach australischem Vorbild zu Flüchtlingszentren außerhalb der EU umgeleitet werden. Kurz kann sich Abkommen mit Ländern wie Tunesien oder Ägypten vorstellen: "Beide Länder sind stabiler als Libyen, mit einem entsprechenden finanziellen Angebot der EU wäre so ein Abkommen sicherlich durchführbar. Das Asylwesen in Europa kostet so viel, dieses Geld lässt sich in Tunesien und Ägypten gezielter einsetzen", sagte er.
Dazu sind rechtliche Änderungen nötig, diese würde Kurz jedoch in Angriff nehmen: "Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu schaffen. Es ist dafür nur politischer Wille nötig", sagte Kurz.
Nach Frontex-Angaben haben NGOs 40 Prozent aller Rettungen im Vorjahr durchgeführt – oftmals auch in libyschen Hoheitsgewässern. Das Engagement der Nichtregierungsorganisationen hat für Kritiker auch eine Schattenseite: Dadurch, dass die Rettungen immer näher an der libyschen Küste durchgeführt werden, stellen Schlepperorganisationen immer schlechtere Boote zur Verfügung. Das führe dazu, dass das Risiko für die Flüchtlinge, sowie die Zahl der Ertrunkenen steigen würde, so der Tenor von Frontex. Seit 2014 hat sich die Zahl der Bootsaufgriffe merklich in Richtung Süden verlagert (siehe Grafik). Die Passagiere dieser Boote werden nach Italien transportiert.
Kurz findet dazu deutliche Worte: "Der NGO-Wahnsinn muss beendet werden. Viele NGOs leisten gute Arbeit, viele aber sind Partner der Schlepper", sagt der Außenminister.
Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen (MSF)" wies die Vorwürfe von Kurz scharf zurück: "Was wäre die Alternative – sollen wir uns zurückziehen, die Menschen sich selbst überlassen, nur um Menschenschmuggel schwieriger zu machen? Sollen wir sie ertrinken lassen? Besonders empörend ist der Vorwurf, wir würden dafür verantwortlich sein, dass mehr Menschen im Mittelmeer sterben würden", sagte der Geschäftsführer von MSF Österreich, Mario Thaler.
Schon 16.000 Übertritte
Mehr als 16.000 illegale Grenzübertritte hat Frontex seit Jahresbeginn auf der zentralen Mittelmeerroute registriert – dies sind um 50 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Der Ausgangspunkt zur Fahrt über das Mittelmeer ist für die meisten Flüchtlinge das Bürgerkriegsland Libyen, wo Schmuggler und Milizen großes Geschäft mit der Schlepperei machen. Allein im vergangenen Jahr erreichten 181.456 Flüchtlinge europäisches Festland über die zentrale Mittelmeerroute.
Die Grenzschutzmissionen Triton und Sophia sind mit 22 beziehungsweise fünf Schiffen im Einsatz.
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