Kurz bei Trump: Balanceakt über transatlantischem Graben
Harte Worte, harte Haltungen: US-Präsident Donald Trump ließ beim Besuch von Österreichs Bundeskanzler keinen Zweifel daran, wie ernst er es im drohenden Handelskonflikt mit Europa meint. Strafzölle für europäische und vor allem deutsche Autos, klare Ablehnung gegenüber der neuen russisch-europäischen Pipeline North Stream 2, an der ja auch Österreich großen Anteil hat. „Massive Unzufriedenheit“ über die aktuellen Beziehungen mit Europa ortet daher auch Sebastian Kurz beim US-Präsidenten. 30 Minuten hatte er im Vieraugengespräch im Oval Office und danach in einer hochrangig besetzten Delegationsrunde versucht, Österreichs Haltung in diesen Fragen klar zu machen: „Wir wollten das Bewusstsein schaffen, dass wir eine Einigung wollen, und dass die USA auch etwas davon haben“.
Wie viel Bedeutung die USA dem Besuch aus Österreich zugestehen, wurde schon in der US-Besetzung der Delegation deutlich. Sogar Vizepräsident Mike Pence hatte sich quasi in letzter Minute angesagt. Mit ihm saß der österreichischen Delegation rund um den Bundeskanzler tatsächlich eine fast erdrückende Übermacht an US-Spitzenpolitikern gegenüber: Neben Donald Trump und seinem Vizepräsidenten waren das US-Außenminister Mike Pompeo, der Nationale Sicherheitsberater John Bolton und Trumps Schwiegersohn und wichtigster weltpolitischer Berater Jared Kushner.
Nahost beim Dinner
Kushner hatte ja gemeinsam mit Ehefrau Ivanka den Kanzler auch noch Mittwochabend zu Gast, und das ausgesprochen privat. In der Villa des Ehepaares in einem Nobelviertel im Nordwesten Washingtons war Kurz gemeinsam mit Trevor Traina, US-Botschafter in Österreich, zum Dinner zu viert.
Kushner, enger Vertrauter nicht nur des US-Präsidenten, sondern auch von Israels Premier Netanjahu, stellt ja gerade seine lang erwartete Strategie für den Nahen Osten fertig. Dass die Politik der derzeitigen Bundesregierung als die Israel-freundlichste sei Langem gilt, dürfte eine gute Basis für Nahost-Gespräche sein.
„Ein junger Kerl“
Der an weltpolitischen Kleinigkeiten wie Österreich eigentlich desinteressierte US-Präsident zollte dem Kanzler schon bei der Begrüßung scherzend Respekt: „Sie sind ja wirklich ein junger Kerl.“
Kurz gilt in Washington quasi als Musterbeispiel für stabile europäische Politik auf Mitte-rechts-Kurs, wie auch Peter Rough, Experte für USA-EU-Beziehungen beim renommierten Washingtoner think tank Hudson Institute erläutert.
Der Kanzler wiederum gesteht Trump klare Haltungen und eine ebenso klare Sprache zu. Bei Themen, die dem Präsidenten wichtig seien, werde er sehr deutlich, weit abseits aller diplomatischen Höflichkeit.
Konflikte mit Europa stehen gerade in diesen Tagen eine ganze Reihe an: Etwa Trumps Forderung an die europäischen Staaten, jene Kämpfer der untergehenden Terrororganisation IS, die ihre Staatsbürgerschaft besitzen und in Gefangenenlagern im Irak oder Syrien sitzen, nach Hause zurückzuholen. Ein Plan, der viele EU-Staaten ethisch – immerhin handelt es sich ja um Terroristen mit Blut an den Händen – und logistisch überfordert. Dazu kommt der Streit über den Umgang mit dem Iran und das drohende militärische Vakuum, das der baldige US-Truppenabzug aus Syrien dort hinterlassen wird.
Das, so hat Trump kürzlich ziemlich unüberhörbar getönt, sollten doch jetzt einmal die europäischen Verbündeten füllen.
Im Handelskonflikt mit der EU ist Trump auf jeden Fall bereit, Härte zu demonstrieren. Diesen Eindruck bestätigt auch Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer, der bei den Gesprächen im Oval Office dabei war: „Es wird nicht leicht werden mit einer Einigung.“
Der Kanzler jedenfalls zeigte auch Verständnis für die amerikanische Haltung. Es gebe in der globalen Wirtschaftsordnung derzeit ein Ungleichgewicht zu Ungunsten der USA: „Solche Diskussionen müssen also geführt werden. Wir sollten aber alles tun, um Verhandlungen eine wirkliche Chance zu geben.“
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