Noch am Tag zuvor hatte es dem Premier die Feierlichkeiten ordentlich verregnet – politisch. Denn während sich die Zuschauer vor dem Buckingham Palast ihre Krönung auch vom chronischen Nieseln nicht verdrießen ließen, wurde das politische Desaster seiner Partei erst richtig klar. Die Lokalwahlen in England am Donnerstag hatten den Konservativen eine verheerende Niederlage beschert. Mehr als Tausend Wahlbezirke waren verloren gegangen, der Stimmenanteil der Konservativen auf rund 25 Prozent geschrumpft – mehr als zehn Prozentpunkte hinter der oppositionellen Labour.
Die Niederlage ist damit noch schlimmer als ohnehin erwartet. Der kurze politische Höhenflug des erst im Vorjahr angetretenen Premiers droht schon wieder zu Ende zu gehen. Eine Einigung mit der EU über die seit Jahren umstrittene Grenze zwischen Irland und Nordirland und eine Bremse für die völlig aus dem Ruder geratenen Energiekosten im Land: Erstmals seit dem chaotischen Abgang von Boris Johnson schienen die Konservativen politisch wieder handlungsfähig.
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Leere Regale
Doch die chronische Wirtschaftskrise, befeuert durch die Folgen des britischen Austritts aus der EU, hat die Stimmung im Land nachhaltig eingetrübt. Die „Lebenskosten-Krise“ war selbst bei den Feierlichkeiten an diesem Wochenende Thema an jedem gedeckten Tisch. Während Energie und Wohnen immer teurer werden, bleiben in den Supermärkten immer öfter die Regale leer: Lieferschwierigkeiten, Mangel an Lkw-Fahrern, Konkurse bei Gemüseproduzenten etc.
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Fachkräfte fehlen überall
Die Inflation in Großbritannien will und will nicht unter die Zehn-Prozent-Marke fallen. Die massenhafte Abwanderung von Arbeitskräften aus EU-Europa hat den seit Jahrzehnten chronischen Mangel an Fachkräften auf der Insel wieder akut werden lassen. Dazu kommt die größte Streikwelle seit Jahrzehnten, die den ganzen Winter angedauert hat. Der „Winter des Missvergnügens“ – frei nach Shakespeare – ist in Großbritannien wieder einmal zum geflügelten Wort geworden, und der geht jetzt in einen sehr übellaunigen Frühling über.
Diese Stimmung, für ein kurzes royales Wochenende vergessen, kehrt jetzt umso wuchtiger zurück. Einen „Wandschirm“ habe die Krönung vor dieser „verzweifelten und gespaltenen Nation“ aufgestellt, kommentiert der liberale Guardian.
Geheimer Pakt
Auch bei den konservativen, traditionell königstreuen Medien mischen sich allmählich wieder Gift und Galle unter die bunten Bilder von der Krönung. Dort schießt man sich auf die Schwäche der Labour-Opposition ein, die vom Wahldesaster der Tories nur teilweise profitieren konnte.
Grüne und Liberale schnappten sich auch viele Bezirke. Mit denen handle Labour insgeheim längst einen Pakt aus – für die im nächsten Jahr erwarteten Parlamentswahlen, wittern die konservativen Kommentatoren.
"Hören nicht mehr zu"
Dem Premier aber dürften diese Untergriffe auch nicht aus der Patsche helfen. Die Menschen, so analysiert ein erfahrener Politologe gegenüber der US-Nachrichtenagentur AP, „wollen die Konservativen loswerden. Da kann Sunak sein Bestes geben – die hören gar nicht mehr zu.“
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