Kritik an Gendertheorie: „Vatikan bleibt im Mittelalter“

Eine Leugnung des Unterschiedes Mann/Frau eliminiere die  Grundlage der Familie, sagt der Papst
Der Papst gibt es nun schriftlich: Die fließende Grenzen zwischen Geschlechtern sei ein „konfuses Konzept“.

„Als Mann und Frau schuf er sie“ – der Titel des jüngsten Dokuments aus dem Vatikan zur Gendertheorie ist bereits eindeutiges Programm. Auf rund dreißig Seiten wird abgehandelt, warum es falsch sei, dass Menschen ihr Geschlecht selbst wählen oder ändern könnten. Der Aufschrei von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender war vorhersehbar und setzte prompt ein.

„Grundlage der Familie“

Die Annahmen, dass die Grenzen zwischen den Geschlechtern fließend seien, seien Symptome eines „konfusen Konzepts der Freiheit“ und „momentaner Sehnsüchte“, die für die postmoderne Kultur typisch seien. Die Gendertheorie sei eine „Ideologie, die den Unterschied in der Natur eines Mannes und einer Frau leugnet und eine Gesellschaft ohne geschlechtliche Unterschiede vorsieht und somit die anthropologische Grundlage der Familie eliminiert“, heißt es in dem erstenoffiziellen Dokument zu dem Thema.

Es gehe bei diesen Vorstellungen darum, die Andersartigkeit von Mann und Frau „auszulöschen, indem man sie als bloß historisch-kulturelle Konditionierung versteht“. Das widerspreche der traditionellen Sichtweise von Mann und Frau als Eheleuten und Eltern.

„Indoktrinierung“

Papst Franziskus hatte sich in der Vergangenheit wiederholt ablehnend gegenüber der Gendertheorie geäußert. 2015 meinte er, die Komplementarität (die gegenseitige Ergänzung) der Geschlechter sei eine Voraussetzung für die menschliche Entwicklung. Ein Jahr später wurde er noch explizierter: In französischen Schulbüchern würde eine „hinterlistige Indoktrinierung mit der Gendertheorie“ betrieben, übte der Pontifex Maximus scharfe Kritik.

Das jetzige Schreiben richtet sich an katholische Lehrer, Eltern, Schüler und Geistliche – mit dem Ziel, den „Bildungsnotstand“ bei der sexuellen Aufklärung zu lindern.

Familien, Schulen und die Gesellschaft müssten eine „neue Allianz“ schmieden, um eine „positive und umsichtige sexuelle Aufklärung“ in (katholischen) Ausbildungsstätten anzubieten. Die Kinder sollten von der „vollständigen, ursprünglichen Wahrheit über Männlichkeit und Weiblichkeit“ erfahren.

„Fehlinformation“

Scharf ins Gericht mit der vatikanischen Festlegung geht der Verband „New Ways Ministry“ (NWM), der für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) in der katholischen Kirche einsteht: Das Papier sei ein „schädliches Werkzeug“. Die „Fehlinformation in dem Dokument“ werde dazu führen, dass LGBTs weiter diskriminiert würden.

Den Ausführungen lägen völlig falsche und veraltete Konzepte zugrunde (etwa die Komplementarität von Mann und Frau), die aktuelle Forschungsergebnisse vernachlässigten, kritisiert NWM-Chef Francis DeBernardo.

„Das Geschlecht wird biologisch (nicht nur durch die sichtbaren Genitalien, sondern) auch von Genen, Hormonen und Neurochemie bestimmt – Dinge, die bei der Geburt nicht sichtbar sind“, argumentiert der Leiter der einschlägigen Organisation, „Menschen wählen ihr Geschlecht nicht, wie es der Vatikan behauptet, sie entdecken es durch ihre erlebten Erfahrungen.“

„Falsche Lehre“

Die Conclusio von Francis DeBernardo: „Der Vatikan bleibt im Mittelalter, fördert die falsche Lehre und stützt sich auf Mythen, Gerüchte und Unwahrheiten.“

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