Krise in Spanien beendet: Rajoy darf regieren

Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) hat am Sonntag in Madrid beschlossen, eine weitere Amtszeit des konservativen geschäftsführenden Ministerpräsidenten zu ermöglichen.

Spaniens Sozialisten wollen eine konservative Minderheitsregierung dulden und so die monatelange Regierungskrise in dem Land beenden. Bei einer Abstimmung des PSOE-Bundeskomitees am Sonntag sprach sich eine Mehrheit für eine Enthaltung bei der Abstimmung im Parlament über eine Regierung des Konservativen Mariano Rajoy aus, wie die Partei mitteilte.

Keine Wahl vor Weihnachten

139 Delegierte waren demnach dafür. 95 Delegierte lehnten es ab, den Konservativen durch einen solchen Schritt an die Regierung zu verhelfen. Spanien dürfte damit großteils aufatmen: Die Bürger der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone bekommen nach zehnmonatiger Krise wieder eine voll handlungsfähige Regierung - und müssen kurz vor Weihnachten doch nicht noch einmal an die Urnen.

Das Parlament wird nun vor Ablauf der Frist am 31. Oktober eine Abstimmung über die Regierungsbildung ansetzen. Dabei wollen sich die Sozialisten der Stimme enthalten. Spanien hat seit der Wahl vom 20. Dezember 2015 wegen einer Pattsituation keine reguläre Regierung. Der seit Dezember 2011 regierende Rajoy ist seitdem nur noch geschäftsführend im Amt. Bei der Neuwahl am 26. Juni hatte sich seine Volkspartei (PP) als stärkste Kraft behauptet, die im Dezember verlorene absolute Mehrheit aber erneut deutlich verpasst.

Rücktritt des Blockierers

PSOE-Chef Pedro Sanchez war es, der lange Zeit eine weitere Amtszeit Rajoys blockiert hatte. Nach zunehmender interner Kritik war er aber am 1. Oktober zurückgetreten. Bei der Abstimmung des Bundeskomitees der Sozialisten setzten die Befürworter eine Tolerierung der konservativen Minderheitsregierung am Sonntag durch. Vor der Abstimmung hatte es allerdings heftige Debatten gegeben. Hunderte von PSOE-Mitgliedern protestierten am Samstag vor der Partei-Zentrale gegen die Duldung Rajoys.

"Es ging darum, das kleinere Übel zu wählen", sagte der Präsident des Interimsvorstands der Sozialisten, Javier Fernandez, vor der Abstimmung des 250-köpfigen Gremiums. Eine schwache konservative Regierung sei besser als eine Neuwahl im Dezember. Die Mehrheit der Spanier wolle keine Neuwahlen, sagte der Abgeordnete Ignacio Urquizu. Der Strategiewechsel ist innerhalb der Partei aber umstritten. Unter anderem lehnen die baskischen und katalanischen Sozialisten eine konservative Regierung unter Rajoy weiterhin ab.

Die Zeit hatte gedrängt. Wenn sich die Parteien bis zum 31. Oktober nicht auf einen Regierungschef geeinigt hätten, hätte König Felipe VI. das Parlament auflösen und die Bürger zum dritten Mal innerhalb eines Jahres an die Urnen rufen müssen. Felipe kündigte an, am Montag und Dienstag in Gesprächen mit führenden Vertretern der Parteien die Möglichkeit einer Regierungsbildung ausloten.

20. Dezember 2015

Rajoys Volkspartei (PP) geht als Siegerin aus der Parlamentswahl hervor, doch fahren die Konservativen ihr schlechtestes Ergebnis seit 1993 ein und verpassen mit 123 Mandaten deutlich eine absolute Mehrheit. Die Sozialisten (PSOE) kommen auf nur noch 90 Sitze. Die linke Protestpartei Podemos und die liberalen Ciudadanos ziehen als dritt- und viertstärkste Kraft mit 69 beziehungsweise 40 Abgeordneten ins Parlament ein.

18. Jänner 2016

König Felipe VI. nimmt Sondierungsgespräche mit den Parteien auf. Nach Abschluss der Beratungen beauftragt er den scheidenden Ministerpräsidenten Rajoy mit der Regierungsbildung.

22. Jänner 2016

Rajoy lehnt den Auftrag zur Regierungsbildung ab. Er habe nicht die nötig Unterstüzung im Parlament, erklärt er.

27. Jänner 2016

Felipe VI. startet eine neue Gesprächsrunde mit den Parteichefs.

2. Februar 2016

Der König beauftragt den Sozialisten-Chef Pedro Sanchez mit der Regierungsbildung.

24. Februar 2016

Die PSOE und die liberale Partei Ciudadanos vereinbaren ein gemeinsames Regierungsprogramm.

2. März 2016

PSOE-Chef Sanchez scheitert mit dem Versuch, sich an die Spitze einer Koalition aus PSOE und der Zentrumspartei Ciudadanos wählen zu lassen.

4. März 2016

Sanchez verliert auch eine zweite Vertrauensabstimmung im Parlament.

8. April 2016

Nur 24 Stunden nach ihrem Beginn scheitern die Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialisten, Ciudadanos und der linken Podemos.

26. April 2016

Die spanischen Linksparteien nehmen in letzter Minute neue Gespräche zur Bildung einer Regierungskoalition auf. Die kleine Regionalbewegung Compromis legt der PSOE und anderen linken Parteien überraschend einen Koalitionsvorschlag vor, um Neuwahlen zu verhindern. Doch auch diese Verhandlungen scheitern. König Felipe VI. leitet daraufhin die Auflösung des Parlaments ein.

3. Mai 2016

Erstmals seit Spaniens Rückkehr zur Demokratie in den 70er Jahren werden in dem Land vorgezogene Neuwahlen angesetzt: Der König legt als Wahltermin den 26. Juni fest.

26. Juni 2016

Bei der Neuwahl verbessert die PP als einzige Partei ihr Ergebnis. Sie gewinnt 14 Mandate hinzu, verfehlt aber erneut die absolute Mehrheit. Ciudadanos sichert sich 32 Sitze, acht weniger als im Dezember. Die Sozialisten werden mit 85 Sitzen erneut zweitstärkste Kraft, büßen aber gegenüber der Wahl im Dezember fünf Mandate ein. Das Linksbündnis aus Podemos, Izquierda Unida und anderen linken Parteien erreicht 71 Mandate.

28. Juli 2016

König Felipe VI. beauftragt Rajoy erneut mit der Regierungsbildung.

17. August

Rajoys konservative Volkspartei stimmt für Verhandlungen mit Ciudadanos.

28. August

PP und Ciudadanos vereinbaren ein Abkommen. Es sieht vor, dass die 32 Ciudadanos-Abgeordneten für Rajoy als Regierungschef stimmen. Im Gegenzug verpflichten sich die Konservativen zur Umsetzung eines 150-Punkte-Programms.

31. August 2016

Rajoy verliert die Vertrauensabstimmung im Parlament.

2. September 2016

Der geschäftsführende Ministerpräsident erhält auch im zweiten Anlauf keine Mehrheit im Parlament für eine Regierungsbildung.

1. Oktober 2016

PSOE-Chef Sanchez tritt zurück. Zuvor hatte ihm ein großer Teil der Parteiführung die Gefolgschaft verweigert. Seine innerparteilichen Gegner fordern ein Ende der Blockadepolitik und sprechen sich dafür aus, eine Regierung unter Führung Rajoys zumindest zu tolerieren.

23. Oktober 2016

Die PSOE gibt ihren Widerstand gegen eine konservative Regierung unter Rajoy auf. Das Bundeskomitee der Partei stimmt mehrheitlich für eine Tolerierung der Minderheitsregierung.

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