Tausende verlassen Sumi und Mariupol, Russland und Ukraine verhandeln

Ukrainischer Soldat vor zerstörtem Gebäude in Mariupol
Die Kämpfe um strategisch wichtige Städte gehen indes weiter. In Kiew und Ruischne gab es Tote.

Am 20. Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine haben russische Truppen weiter zahlreiche Städte attackiert. In der Hauptstadt Kiew trafen Raketen nach Angaben des Zivilschutzes vier Wohngebäude in mehreren Stadtteilen. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko gab es vier Todesopfer.

Als Reaktion kündigte Klitschko eine 35-stündige Ausgangssperre in Kiew an. Von Dienstagabend, 19.00 Uhr (MEZ), bis Donnerstagfrüh, 6.00 Uhr (MEZ), dürften die Einwohner ihre Häuser nur verlassen, um sich in Schutzräumen und Bunkern in Sicherheit zu bringen, schrieb Klitschko am Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram.

Noch am Dienstag wurden in Kiew die Regierungschefs dreier europäischer Länder erwartet. Die Premierminister Tschechiens, Polens und Sloweniens wollten der ukrainischen Regierung in Abstimmung mit EU und NATO einen Solidaritätsbesuch abstatten.

Russland und die Ukraine setzten indes ihre Gespräche fort, wie der ukrainische Unterhändler Mychailo Podoljak twitterte. Es gehe um einen Waffenstillstand und einen Truppenabzug aus der Ukraine. Am Montag war die Videokonferenz der Unterhändler für Beratungen in Arbeitsgruppen unterbrochen worden.

"Kontrolle über Cherson"

Angriffe und Tote gab es am Dienstag nicht nur in Kiew, sondern auch im ostukrainischen Ruischne, wo laut ukrainischen Angaben eine Einrichtung für sehbehinderte Kinder, das städtische Krankenhaus und drei Schulen zerstört wurden. In anderen Teilen des Landes warnten Sirenen vor Luftangriffen, darunter in Odessa im Süden und Tschernihiw im Norden der Ukraine.

Das Moskauer Verteidigungsministerium meldete laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax, die volle Kontrolle über die gesamte Region Cherson im Süden erlangt zu haben. Die Flughafen der Industriestadt Dnipro wurde nach Angaben des Gouverneurs der Region bei russischen Angriffen weitgehend zerstört.

Ukrainische Truppen wiederum wehrten nach eigenen Angaben einen russischen Vorstoß in der umkämpften Hafenstadt Mariupol ab. Auch in der Hafenstadt Mykolajiw zwischen Odessa und Cherson wurden nach Angaben des Gouverneurs der gleichnamigen Region die russischen Truppen zurückgedrängt.

Evakuierungen in Sumi und Mariupol

Mehr als 100 Busse mit Zivilisten haben indes laut dem internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) die belagerte Stadt Sumi im Nordosten der Ukraine verlassen. Sie seien in zwei verschiedenen Konvois unterwegs, sagt ein IKRK-Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters. Ziel sei Poltawa im Zentrum des Landes, möglicherweise müssten jedoch Umwege gefahren werden. Russland habe grünes Licht für die Evakuierung gegeben.

Aus Mariupol hatten sich zuvor nach Behördenangaben zahlreiche Menschen in etwa 2.000 Autos in Sicherheit gebracht. Die Fahrzeuge folgten der Route in die zentralukrainische Großstadt Saporischschja, teilte der Stadtrat mit. Weitere 2.000 Autos warteten am Stadtrand. Am Montag hatten 160 Autos die Stadt verlassen.

Ein Konvoi mit Dutzenden Tonnen Hilfsgütern und leeren Bussen für die Evakuierung von Mariupol steckte nach ukrainischen Angaben im nahe gelegenen Berdjanks fest.

Die Ukraine plante nach eigenen Angaben am Dienstag die Öffnung von insgesamt neun Fluchtkorridoren aus belagerten Gebieten.

Seit der russischen Invasion am 24. Februar sind Tausende Menschen bei Kämpfen und Bombardements getötet worden. Laut den Vereinten Nationen (UN) sind inzwischen fast drei Millionen Menschen geflohen, darunter 1,4 Millionen Kinder.

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