Kramp-Karrenbauer: Aus dem Schatten an die Spitze?
„Nur die Ruhe“, hört man Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer dialektgefärbten Sprache sagen. Sehen kann man AKK, wie die Politikerin in Berlin intern genannt wird, noch nicht. Kurz verschwindet sie hinter den Apparaten der Fotografen. So voll wie am Mittwoch in der Außenstelle der saarländischen CDU war es bei ihren Pressekonferenzen als Generalsekretärin im Konrad-Adenauer-Haus lange nicht mehr. Dem konservativen Saar-Generalsekretär gefällt's, mit roten Backen kündigt er die frühere Hausherrin an, die vor knapp acht Monaten ihr Amt als Ministerpräsidentin aufgab, um Generalsekretärin zu werden. Und sich nun um den Parteivorsitz bewirbt.
Keine einfache Sache. Und sollte sie in dem Moment zweifeln, überspielt sie es sehr selbstbewusst. Denn Annegret Kramp-Karrenbauer hat nicht nur das Problem, dass ihre Mit-Bewerber Friedrich Merz und Jens Spahn jenen konservativen Parteiflügel ansprechen, der sich lange vernachlässig fühlte; der wirtschaftsnahe ist, sich einen restriktiven Kurs in der Flüchtlingspolitik und die Rückkehr zu alten Werten wünscht. Sie ähnelt durch ihre nüchterne, analytische Art auch ihrer Vorgängerin; und als deren Wunschnachfolgerin verpasste man ihr schnell den Stempel "Mini-Merkel".
"Neue Stärken" für neue Zeit
Umso gespannter wartete die Presse am Mittwoch darauf, wie sie sich nun präsentiert. Viel Zeit zum Überlegen und Planen von Strategien hatte sie ja nicht. Dass sie Merkel bereits nach acht Monaten beerben könnte, ahnte Kramp-Karrenbauer wohl selbst nicht - Merkel habe sie laut eigenen Angaben zuvor nicht von ihrer Entscheidung informiert.
So steht die 56-Jährige jetzt also vor neugierigen Reporten und verkündet das Ende der Merkel-Ära, allerdings nicht ohne einen deutlichen Hinweis an die Kritiker und Rivalen: „Eine solche Ära kann man nicht fortsetzen, man kann sie im Übrigen auch nicht rückgängig machen.“
AKK will es also anders angehen, daran lässt sie gleich zu Beginn ihrer Rede keine Zweifel aufkommen. „Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen und braucht neue Stärken“, sagt sie und skizziert drei Themen, die sie angehen will: Erhalt des Wohlstandes, Sicherheit und Zusammenhalt in der Gesellschaft. Dies treibe die Menschen um, wie sie bei ihrer „Zuhör-Tour“ vernommen habe. Seit Amtsantritt reist sie quer durchs Land, um sich Wünsche und Sorgen der Menschen anzuhören. Dabei fiel sie weniger mit geschliffenen Reden auf, als durch Sätze wie „hier läuft es nicht so, dass Sie kritisieren und wir sagen Ihnen, warum Sie nicht recht haben“.
Auch am Mittwoch geht sie stilistisch auf Abstand zu Merkel: Es seien politische Entscheidungen getroffen worden, die von der Partei mit mehr oder weniger Widerstand getragen wurden. „Diese Methode passt nicht mehr in unsere Zeit.“ Ein Wink an jene, die bisher die einsamen Entscheidungen im Kanzleramt monierten oder das Gefühl hatten, sie würdige die Fraktion zu wenig. Kramp-Karrenbauer will für mehr Mitsprache und interne Debatten sorgen. Entscheidungen und Positionierung sollen zuerst in der Partei diskutiert werden, dann über die Bundestagsfraktion in die Regierung weitergetragen werden.
Nicht nur von der Kanzlerin, auch von ihren Konkurrenten grenzt sie sich ab. Anders als Mitbewerber Jens Spahn will sie das Flüchtlingsthema nicht zu ihrer großen Agenda machen: Migration sei bei den Menschen nicht Thema Nummer eins, so Kramp-Karrenbauer. „2015 kann man nicht rückabwickeln, aber Schritt für Schritt daran arbeiten, dass sich das nicht mehr wiederholt.“ Sie wolle Vertrauen zurückgewinnen, „aber nicht mit scharfen Tönen“.
Für Friedrich Merz hat sie ebenfalls noch eine Botschaft parat. Sollte sie gewinnen, würde sie gerne auf seine Expertise zurückgreifen. „Wenn wir es schaffen, den Bierdeckel beiseite zu legen und eine Steuer-App zu entwickeln, wäre das ein großartiges Angebot.“
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