Es ist ein Streifen, der sich von den Ardennen im Nordosten Frankreichs bis an die Atlantikküste südlich von Bordeaux zieht. Den Namen hat ihm ein französischer Autor mit einem Roman über das Aussteigen aus der hektischen Welt in der Stadt gegeben: "Die Diagonale der Leere". In der Realität aber prägt all diese Landstriche nicht Aussteiger-Romantik, sondern Armut, Arbeitslosigkeit, fehlende Bildungschancen und in Folge Abwanderung.
Wie Trumpland
Wie so viele westliche Länder von den USA bis Spanien klafft auch in Frankreich eine immer größere Lücke zwischen den Metropolen und ihrem Lebensstil und den ländlichen Gebieten und Kleinstädten. Und ob sie nun "Trumpland", wie in den USA, heißen, oder "das leere Spanien" ("Espana vacia"). Sie sind die Sprungbretter für Rechtspopulisten also auch Marine Le Pen. Und die Französin und Chefin der Rechtspartei "Rassemblement National" hat in ihrem Wahlkampf voll auf diese Gegenden gesetzt.
Land der Gelbwesten
Es sind auch jene Regionen, in denen in den Jahren 2018 und 2019 die Revolution der "Gelbwesten" hochkochte, jener Aufstand, der sich vordergründig gegen die Preiseerhöhungen bei Treibstoffen, aber grundsätzlich vor allem gegen die Welt "der da oben" richtete, also die Welt, in der inzwischen viele Franzosen Macron verorten.
Von Ort zu Ort
Amtsinhaber Emmanuel Macron absolvierte große Auftritte und machte sich im Ukraine-Krieg zum wichtigsten Gesprächspartner Moskaus. Le Pen dagegen tingelte von Ort zu Ort, sprach auf den Marktplätzen mit den Bürgern. Das Ergebnis, das, pünktlich zu heutigen ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich alle überrascht:
Es gibt ein Kopf an Kopf Rennen zwischen Macron und der ewigen rechten Herausforderin Marine Le Pen.
Ewige Zweite
Seit sie im Jahr 2011 die damalige Front National von ihrem Vater Jean Marie übernommen hat, mischt Le Pen die französische Politik auf. Doch obwohl sie ihre Partei nicht nur umbenannte ("Rassemblement National"), sondern sie auch in Richtung politische Mitte rückte, ist der heute 53-Jährigen der große Erfolg versagt geblieben. Doch gerade diesmal scheint sie ihm näher denn je. Und das überrascht schließlich hatte der noch weiter rechts stehende Ex-Journalist Eric Zemmour lange Zeit die besseren Karten. Doch jetzt, zwei Tage vor der Wahl, ist er in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht, ebenso wie die Kandidaten der Konservativen und der Sozialisten. Es geht nur noch um Marine le Pen und Emmanuel Macron. Die letzten Umfragen stehen bei 26 Prozent Macron zu 24 Prozent Le Pen.
Tingeln durch die Dörfer
Ihre Taktik, sich quer durch Frankreich, und dort vor allem durch diese von Abwanderung und Arbeitslosigkeit bedrohten Kleinstädte und Dörfer durchzuarbeiten, hat also gewirkt. Während Macron von immer mehr Franzosen als arrogant und abgehoben empfunden wird, gilt die Rechte für inzwischen die Hälfte der Bürger als wählbar. Schon vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine zeigte eine Umfrage des Instituts Cevipof, wie gedrückt die Stimmung in Frankreich nach zwei Jahren Corona ist. »Unsicherheit«, »Sorge«, »Müdigkeit« waren die meistgenannten Gefühle.
"Entgegengesetzte Welten"
"Die Präsidentschaftswahl ist die Konfrontation radikal entgegengesetzter Lebenswelten und damit auch von Weltanschauungen, die ansonsten nur nebeneinanderher existieren", sagt der Meinungsforscher Jérôme Fourquet dem deutschen Magazin "Spiegel". Fourquet analysiert am Pariser Ifop-Institut seit vielen Jahren das Thema, das diese Wahl entscheiden könnte: die Spaltungen der französischen Gesellschaft
Angst vor Preisexplosion
Macron machte Weltpolitik, sie bediente die Ängste der Bürger vor der auch in Frankreich massiv steigenden Inflation, vor allem bei Energiepreisen und für Wohnen. Für Putin in Moskau wäre ein Sieg Le Pens auf jeden Fall eine gute Nachricht. Wird doch Le Pens Partei seit Jahren aus Russland unterstützt.
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