Kony treibt weiter sein Unwesen: „Ein Monster“

Joseph Kony
Die ugandische Ministerin Bigombe über die Folgen des 20 Jahre dauernden Bürgerkrieges.

Sie kennt den mutmaßlichen ugandischen Kriegsverbrecher Joseph Kony besser als die meisten anderen. Sechs Mal hat Betty Bigombe den per internationalem Haftbefehl Gesuchten im Rahmen von Friedensgesprächen getroffen. Ihr Befund: „Er ist ein Monster“, sagte die derzeitige Wasserministerin Ugandas bei einem Wien-Besuch im KURIER-Gespräch.

Kony treibt weiter sein Unwesen: „Ein Monster“
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„Ich habe bei meinen Begegnungen bei Kony auch einen Profiler involviert. Der stellte eine ,multiple Persönlichkeitsstörung‘ fest: Er kann umgänglich sein, und schon im nächsten Moment kann er seine brutale Seite zeigen“, so die 59-Jährige. Dazu komme der religiöse Wahn des Anführers der „Lord’s Resistance Army“ (LRA), „im Besitz von übernatürlichen Fähigkeiten zu sein und die ganze Wahrheit zu haben“. Viele seiner Anhänger glaubten ihm das – und massakrieren, teils freiwillig, teils gezwungenermaßen, ihre Opfer.

Von 1997 bis 2006 terrorisierte die LRA den Norden Ugandas. Kinder wurden entführt und zu Kampfmaschinen ausgebildet. Viele mussten ihre eigenen Eltern mit Macheten in Stücke schlagen. Alle Friedensanläufe blieben bruchstückhaft. Jetzt hat sich Kony mit seinen letzten Getreuen in die Zentralafrikanischen Republik zurückgezogen, taucht aber auch im Kongo und im Südsudan auf, plündernd und vergewaltigend.

USA jagen Kony „Wir schätzen, dass er noch rund 250 bis 300 Kämpfer hat“, sagt Bigombe. Unterstützt von den USA machen ugandische Soldaten Jagd auf Kony & Co. Bisher erfolglos. „Sehr zum Ärger der USA verwendet die LRA bei ihrer Kommunikation kaum elektronische Geräte. So können die Einheiten nicht geortet werden. Zudem greifen sie zu so mancher List: So legen sie falsche Fährten, indem sie sich rückwärts fortbewegen“, weiß die Ressortchefin, die auf Einladung der „Austrian Development Agency“ (ADA) nach Wien gereist war.

Unterstützung, auch finanzielle, würde die LRA von der ugandischen „Diaspora“ erhalten und eventuell auch aus Khartum, meint Bigombe. Ihre These: Der Sudan habe wenig Interesse, dass Kony geschnappt wird, weil er vor dem Internationalen Strafgerichtshof unangenehme Enthüllungen über sudanesische Interna machen könnte. Sie selbst will den mutmaßlichen Kriegsverbrecher unbedingt in Den Haag sehen. Alles andere wäre ein „Freibrief für die Warlords dieser Welt“.

Für ihrer Heimat erhofft sich die engagierte Frau, dass dieses dunkle Kapitel endlich aufgearbeitet wird. „Dazu brauchen wir einen Versöhnungsprozess auf Gemeindeebene, denn in vielen Dörfern sind die nach einer Amnestieregelung zurückgekehrten LRA-Kämpfer nun Anfeindungen ausgesetzt. Der Versöhnungsprozess muss auch auf Stammesebene und auf nationaler Ebene starten, denn es kam auch zu Übergriffen seitens der Regierungssoldaten“, so die Soziologin. Sie fordert zudem ein Entwicklungsprogramm für den Norden, der im Vergleich zum Rest des Landes stets vernachlässigt wurde und durch den Bürgerkrieg mit 100.000 Toten weiter verarmt ist.

Bigombe: „Solange nicht Gerechtigkeit einzieht, kann die Wunde nicht verheilen.“

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