Wien als Schauplatz des Machtkampfs im Iran

Präsident Rohani musste auf Besuch in Österreich verzichten, weil daheim der Machtkampf eskalierte.

"Sicherheitsgründe", so lautete die offizielle Begründung, die zwei Stunden vor der geplanten Landung von Präsident Rohani in der Wiener Hofburg aufschlug. War es also die Terrorgefahr nach Brüssel, waren es die Demonstrationen gegen das Mullah-Regime, die den Staatschef quasi in letzter Minute kehrt machen ließen?

Khameneis Vertraute müssen abtreten

"Alles nur Alibis", lässt sich Ali Sadat-Gouché nicht irritieren. Der im Iran aufgewachsene Arzt setzt sich mit seiner Gruppe "österreichisch-iranische Ärzte für Menschenrechte im Iran" seit Jahrzehnten für willkürlich verhaftete Bürgerrechtler und Menschrechtsaktivisten ein. Er hat im Vorfeld des Wien-Besuches auch den Bundespräsidenten schriftlich über Folterungen und Misshandlungen weiblicher politischer Häftlinge informiert.

Für den profunden Kenner iranischer Innenpolitik ist die Absage des Rohani-Besuches Zeichen eines eskalierenden Machtkampfes. Die Reformer rund um Rohani seien aus den jüngsten Wahlen gestärkt hervorgegangen, die Konservativen um Religionsführer Ali Khamenei entsprechend alarmiert. Zwei der engsten Vertrauten Khameneis mussten den Expertenrat, der etwa über Khameneis Nachfolge entscheidet, verlassen.

Gezielte Störaktionen

Der Religionsführer setzt seither gezielt Störaktionen, um die Annäherung Rohanis an den Westen zu stören. Wenige Tage vor dem Wien-Besuch wurden Mittelstreckenraketen getestet, zwei davon mit der Aufschrift: "Israel muss ausradiert werden."

Der Schlagabtausch zwischen den Machtblöcken wird mit wachsender Härte geführt. Die Reformer fordern nach dem erfolgreich abgeschlossenen Atomabkommen mit dem Westen weitere konkrete Schritte. Khamenei erklärt diese postwendend als Irrweg – und sitzt damit vorerst am längeren Ast. Eine Verbesserung der Lage der Menschenrechte – wie sie westliche Kritiker von Rohani einfordern – sieht Ali Sadat-Gouché vorerst außer Reichweite. Die Justiz sei unter der direkten Kontrolle Khameneis "und so kann er Präsident und Regierung torpedieren".

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