Könnte sich Trump bei einer Verurteilung selbst begnadigen?
Für den früheren US-Präsidenten Donald Trump, der sich bei der Wahl 2024 erneut um das höchste Amt im Staat bewirbt, hätte ein Sieg auch einen persönlichen Vorteil. Sollte Trump die Präsidentenwahl gewinnen, könnte er "sich auch selbst begnadigen", so der Politologe Reinhard Heinisch in einem Interview der Kleinen Zeitung (Mittwoch). Trump muss sich vor einem Gericht in Miami wegen unrechtmäßigen Besitzes von Geheimdokumenten verantworten.
Verhandlung ändert wenig an Zustimmung
Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen werde sich wenig an der Beliebtheit Trumps für die Wahl ändern. Trump habe eine sehr eingeschworene Anhängerschaft von maximal 40 Prozent der Bevölkerung. Unter den Republikanern seien es zwischen 50 und 60 Prozent. Diese Gruppe sei nicht mit rationalen Argumenten zu überzeugen, betont Heinisch. Für die andere Seite sei ohnehin klar, dass Trump unwählbar ist. Durch die aktuellen Vorwürfe werden sich wohl nur wenige Stimmen ändern.
Anklage in 37 Punkten
Insgesamt war Trump in der Dokumentenaffäre vergangene Woche in 37 Punkten angeklagt worden. Ihm wird vorgeworfen, am Ende seiner Amtszeit im Jänner 2021 Geheimdokumente rechtswidrig aus dem Weißen Haus in sein Anwesen Mar-a-Lago in Florida mitgenommen zu haben und dort vor den Behörden versteckt zu haben. Weiters soll er die Informationen mit nicht autorisierten Personen geteilt haben. Bei den Geheimdokumenten geht es unter anderem um US-Atomwaffen und Militärpläne der USA und anderer Länder.
➤ Mehr zur Causa-Trump: 37 Anklagepunkte: Jetzt wird es ernst für Trump
➤ Mehr zu den Spionage-Vorwürfen gegen Trump
Wäre nicht das erste Mal
Trump könnte aber auch von seinem innerparteilichen Konkurrenten Ron DeSantis begnadigt werden, sollte dieser bei der Wahl gegen Joe Biden gewinnen. "DeSantis will Trump nicht als Feind haben", äußert sich der Politologe. Es bestehe die Gefahr, dass Trump als unabhängiger Kandidat antritt. Geschehe das, spalte sich die republikanische Wählerschaft und das wäre ein Super-GAU für die Partei. Bereits 1974 begnadigte der republikanische Präsident Gerald Ford seinen Vorgänger Richard Nixon in der Watergate-Affäre.
Trump spricht immer wieder von einer politisch motivierten Verfolgung, um seiner Wiederwahl zu schaden. Die Regierung halte sich aber komplett aus dem Fall heraus, betont Heinisch. Zwischen dem Präsidenten und dem Verfahren seien zwei Pufferzonen aufgezogen worden. Zum einen sei der Justizminister schon unabhängig vom Präsidenten. Zum anderen habe dieser auch den Sonderermittler Jack Smith eingesetzt, der diese Untersuchungen weisungsfrei führen können muss.
Bei seiner Verteidigung betont Trump, dass auch Joe Biden und Mike Pence Geheimakten daheim gehabt hätten. Heinisch weist aber darauf hin, dass es bei der Anklage gegen Trump einen wesentlichen Unterschied gäbe.
Trump hat Dokumente absichtlich nicht herausgerückt
Die Anklage sei nicht wegen des Besitzes des Materials erhoben worden, sondern wegen des bewussten Nicht-Herausrückens der Dokumente. Biden und Pence haben diese Dokumente übergeben. Trump hingegen habe die Akten zu seinem Anwesen Mar-a-Lago schaffen lassen und auch nicht-autorisierten Personen gezeigt. Weiters habe er nach der Aufforderung des Nationalarchivs, die Dokumente herauszugeben, die Akten bewusst versteckt. Das wurde offenkundig, als das FBI Kisten am Klo und an anderen ungewöhnlichen Orten fand.
Der Politologe warnt auch vor Bemühungen der Republikaner, den Obersten Gerichtshof zu schwächen und bundesstaatliche Gerichte zu stärken. "Derartige Schritte haben zur Folge, dass sich die liberale Demokratie in einer Krise befindet", so Heinisch. Derzeit hätten aber die Midterm-Wahlen gezeigt, dass die Republikaner mit ihrer Radikalität auch über das Ziel hinausschießen können. "Zwei Schritte verliert man, einen gewinnt man", so Heinisch.
Kommentare