Kindergeld in EU-Ausland - SPD warnt vor Sozialbetrug

Kinder in einem Haus in Rumänien. Viele leben in der Heimat vom deutschen Kindergeld.
Bürgermeister stoßen die Debatte um Familienbeihilfe für EU-Ausländer neu an.

Man kennt die Diskussion. Warum sollte ein – sagen wir – ungarischer Arbeitnehmer in Österreich für sein Kind in seinem Heimatland ebensoviel Geld erhalten (172 Euro monatlich) wie sein Kollege, dessen Kinder in Österreich leben – mit entsprechend höheren Lebenshaltungskosten?

Eine ähnliche Debatte um Verhältnismäßigkeit und Fairness ist jetzt auch in Deutschland erneut entfacht. Denn dort ist in den vergangenen Monaten die Zahl ausländischer Kindergeldempfänger rasant angestiegen. Waren es Ende 2017 noch 243.234 Kinder, die außerhalb Deutschlands Kindergeld bezogen haben, sind es mittlerweile 268.336, berichtet das Bundesfinanzministerium in Berlin. Das sind 10,4 Prozent mehr als im Vorjahr.

Mehrere Stadtchefs rufen nun die Bundesregierung auf zu handeln. Der Deutsche Städtetag fordert eine Indexierung des Kindergeldes. Vor allem der Oberbürgermeister von Duisburg hat sich medienwirksam zu dem Trend geäußert. „Die Bundesregierung verschläft dieses Problem, sie muss endlich etwas dagegen tun, dass es Armutsflüchtlinge in Europa gibt“, klagte Sören Link von der SPD der Deutschen Presse Agentur.

Schäuble blitzte ab

Die von Link kritisierte Bundesregierung ist prinzipiell für die Anpassung des Kindergeldes für Familien im EU-Ausland. Auch SPD-Chefin Andrea Nahles ist dafür – und bewegt sich abseits der bisherigen offiziellen sozialdemokratischen Linie.

Die Bundesregierung strebt nach einem gescheiterten Alleingang Anfang 2017 eine EU-Lösung an. Der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble versuchte ein entsprechendes Gesetz – noch vor ähnlichen Plänen der türkis-blauen Regierung in Wien – durchzusetzen und 160 Millionen Euro zu sparen. Doch er scheiterte an SPD und der Europäischen Kommission: Sozialkommissarin Marianne Thyssen lehnte mit Verweis auf EU-Recht ab und wies darauf hin, dass betreffende Arbeitnehmer schließlich ihre Sozialbeiträge in Deutschland zahlten.

In Europa umstritten

Eine EU-Lösung könnte sich als schwierig herausstellen, denn die Frage ist in Europa höchst umstritten. Nach dem Vorstoß der österreichischen Regierung Anfang des Jahres kam vor allem aus Osteuropa, insbesondere von Ungarn und der Slowakei, heftige Kritik. Ein entsprechendes Gesetz soll im Herbst im Parlament in Wien diskutiert werden. Die Europäische Kommission wird den Text dann auf EU-Konformität prüfen.

Erfundene Kinder

Bei dem rasanten Anstieg in Deutschland geht es vor allem um Familien aus Osteuropa. Insbesondere die Zahl polnischer Empfänger ist seit 2017 um fast 15.000 gestiegen, aus Tschechien sind es 5000 mehr und aus Rumänien 2000.

Wie Sören Link schlagen auch andere Oberbürgermeister Alarm. Manche sprechen gar von „gezielter Migration in das Sozialsystem“. Auch die SPD-Chefin warnt vor Betrügereien rund um das Thema Familien- und Sozialleistungen. In Duisburg stellten die niedrigen Mieten einen „Pullfaktor“ dar, so Bürgermeister Link.

Er spricht auch das Problem von kriminellen Banden an. Sie sollen heruntergekommene Wohnungen organisieren, in denen sie etwa Sinti und Roma unterbringen, um ihnen einen deutschen Wohnsitz zu verschaffen.

Oft wisse man gar nicht, ob die gemeldeten Kinder überhaupt existierten, so Link. Laut Bundesagentur für Arbeit gebe es Hinweise auf gefälschte Geburtsurkunden. In 40 Fällen habe man kürzlich auch fehlerhafte Angaben festgestellt. Der entstandene Schaden: Rund 400.000 Euro.

194 Euro Kindergeld

Die monatlichen   Transferleistungen des Staates an berufstätige Eltern werden in DeutschlandKindergeld“ genannt, in ÖsterreichFamilienbeihilfe“. Auch hier wird umgangssprachlich oft  „Kindergeld“ gesagt. Nicht zu verwechseln mit dem „Kinderbetreuungsgeld“, also jenen Zahlungen, die Eltern    in der  Karenzzeit (max. 3 Jahre) erhalten.

Vergleich Österreich
194 Euro erhält eine Familie in Deutschland für das erste Kind ab der Geburt. In Österreich sind es 172 Euro.  Deutschland überweist jährlich mehr als 600 Millionen Euro ins EU-/EWR-Ausland, Österreich  rund 270 Millionen Euro.

 

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