Russische Kommandanten flüchten aus Cherson: Rückzug über den Dnjepr?
Endet die Schlacht um Cherson noch bevor sie richtig begonnen hat? In der strategisch entscheidenden Stadt im Süden der Ukraine ist die russische Fahne auf den Verwaltungsgebäuden eingeholt worden. Die Aufnahmen waren sogar im russischen Hauptabendprogramm zu sehen. Bilder in sozialen Medien zeigen verlassene Kontrollposten des Militärs. Der Chef der russischen Militärverwaltung, Kyrill Stremousov, deutet diesen Schritt selbst an: "Es ist das Wahrscheinlichste, dass sich unsere Einheiten, unsere Soldaten in eine andere Zone der Region verlagern."
"Nicht wert, dafür zu kämpfen"
Im Klartext heißt das, auf die Ostseite des Flusses Dnejpr. Denn die Westseite, also die auf der sich die Stadt Cherson befindet, ist auch nach Analyse westlicher Militärexperten für die Russen nicht mehr zu halten. "Sie haben sich entschieden, das Cherson nicht wert ist, dafür zu kämpfen", meint einer gegenüber der Londoner "Times": "Die natürliche Grenze, die der Fluss darstellt, ist sehr wertvoll für sie."
Droht eine Falle?
Die ukrainische Armee aber gibt sich vorerst skeptisch. Gerade demonstrative Aktionen wie das Einholen der Fahne, könnten auch eine Falle sein. "Die könnten auch versuchen, uns zu einem voreiligen Angriff zu verleiten", meint eine Sprecherin des ukrainischen Militärs, "während sie sich auf Straßenkämpfe vorbereiten." Auch der ukrainische Militärgeheimdienst hält einen russischen Rückzug ohne Gefechte für eine "Illusion",. Kürzlich wären noch eigens Verstärkungen nach Cherson geschafft worden-
Zivilbevölkerung geht
Auch der Umgang der russischen Militärverwaltung mit der Zivilbevölkerung der Stadt war bisher widersprüchlich. Einerseits zeigt sich Stremousov auf Videos in der Stadt und spricht von "normalem Leben", das weitergehe, andererseits hat man Tausende Menschen in organisierten Transporten aus der Stadt gebracht. Präsident Putin machte am Montag deutlich, dass alle Zivilisten die Stadt verlassen sollten.
"Demoralisierte Rekruten"
Westliche Militärexperten jedenfalls meinen, dass vieles auf einen Rückzug hinweise. Viele Kommandanten seien bereits fort und hätten ihre Rekruten "führungslos und demoralisiert" zurückgelassen, meint einer gegenüber der "Times".
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