Kennedy: Nationalheld mit Schwächen

Wie John und Jacqueline Kennedy die Welt eroberten.

Wer in der Blüte seiner Jahre auf tragische Weise ums Leben kommt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Nachwelt verklärt dargestellt. Wie Prinzessin Diana, wie James Dean, wie Marilyn Monroe oder Romy Schneider. Sie alle bleiben in unserer Erinnerung für immer jung, schön und faltenlos. Und so ist es auch bei John F. Kennedy, der zum Mythos wurde, weil er mit 46 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Macht, seiner Lebenskraft und seiner Popularität ermordet wurde.

Die reiche Familie

„Jack“, wie sie ihn nannten, war am 29. Mai 1917 in Brookline/Massachusetts als zweites von neun Kindern in eine irisch-katholische Familie hineingeboren worden, die zu den reichsten des Landes zählte. Seit frühester Kindheit galt für ihn wie für jeden Kennedy: Disziplin, körperliche und geistige Ertüchtigung ohne Rücksicht auf Krankheit oder Schmerz, mit dem alleinigen Ziel, der beruflichen Karriere alles andere unterzuordnen.

Sein Vater Joseph Kennedy erwarb in den 1920er-Jahren mit Börsenspekulationen, aber auch durch nicht ganz saubere Geschäfte, mit denen er von der „Prohibition“, dem Alkoholverbot in den USA, profitierte, ein 200-Millionen-Dollar-Vermögen. Er und Mutter Rose Kennedy waren Respektspersonen, die ihren Kindern aber emotional nie wirklich nahekamen.

JFK - der ewige Mythos:

Kennedy: Nationalheld mit Schwächen

Handout photo of then U.S. President Kennedy with
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Education specialist Esther Kohn gestures towards
Kennedy: Nationalheld mit Schwächen

USA JOHN F KENNEDY 45TH ANNIVERSARY OF ASSASSINATI
Kennedy: Nationalheld mit Schwächen

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Es verstand sich von selbst, dass JFK an den Eliteuniversitäten Princeton und Harvard sein Politikstudium aufnahm, das er infolge seines schlechten Gesundheitszustands mehrfach unterbrechen musste. Er litt sein Leben lang unter Nieren- und Darmerkrankungen, Asthma und starken Rückenschmerzen. „Zeitweise wurde Jack fast verrückt vor Schmerzen“, erinnerte sich Witwe Jacqueline Kennedy nach seinem Tod. „Er sah so kläglich aus, wenn er auf seinen Krücken eine Gangway hinunter humpelte oder auf eine Bühne ging. Aber sobald er auf dem Podium stand, wusste man, dass er alles im Griff hatte.“

Kennedy wurde trotz seiner gesundheitlichen Probleme im Zweiten Weltkrieg von der Marine aufgenommen, was er dem Einfluss seines Vaters verdankte, der mittlerweile US-Botschafter in London war. Als Kommandant eines Torpedo-Schnellboots wurde JFK im August 1943 im Pazifischen Ozean von einem japanischen Zerstörer versenkt, es gelang ihm jedoch, sich zu retten.

Das Ziel des Vaters

Es war das erklärte Ziel seines Vaters, dass sein ältester Sohn Joseph jun. Präsident der Vereinigten Staaten würde. Doch als dieser 1944 als Marineflieger den Tod fand, musste JFK als Nächstältester dessen Platz einnehmen.

Seine gesundheitlichen Probleme galt es von Anfang an zu vertuschen: „Hätte die Nation gewusst, wie krank er ist“, meint Kennedy-Biograf Robert Dallek, „wäre er nie Präsident geworden“.

Aber die Nation wusste es nicht. Also durchlief „Jack“ – mit der millionenschweren Unterstützung seines Vaters – die politischen Stationen vom Repräsentantenhaus in den Senat, ehe er 1952 Senator von Massachusetts wurde, womit eine wichtige Hürde auf dem Weg ins Weiße Haus genommen war.

Ein Leben als Playboy

John F. Kennedy, der bis dahin das Leben eines Playboys führte, wusste, dass er zur Erfüllung seines politischen Ziels eine repräsentable Ehefrau brauchte. Und er fand die perfekte „First Lady“: Jacqueline Bouvier, die aus einer erstklassigen Familie stammte. 1953 wurde geheiratet.

Jetzt konnte er durchstarten. 1960 gewann der Demokrat Kennedy die Präsidentschaftswahlen knapp gegen den republikanischen Rivalen Richard Nixon. JFK war mit 43 Jahren der jüngste gewählte und erste katholische Präsident der US-Geschichte.

Frischer Wind

Und er brachte mit seiner jugendlichen Vitalität und seinem sympathischen Charme frischen Wind ins Weiße Haus, das unter seinem Vorgänger Eisenhower schon etwas verschlafen wirkte.

Die Kennedys wurden in aller Welt von einer riesigen Sympathiewelle getragen, und in den USA nahm man Anteil an der First Family: Wenn Gattin Jackie das Weiße Haus umkrempelte und zur Stätte der Begegnung machte, wenn die Kinder Caroline und John jun. – begleitet von Fotografen und Kameraleuten – durchs Oval Office fegten. Kennedy war der erste Präsident, der das noch junge Medium Fernsehen für seine Zwecke einzusetzen verstand, er konnte wie kein anderer auf Menschen zugehen und mit ihnen einen persönlichen Kontakt aufbauen, der nie gekünstelt wirkte.

John F. Kennedy waren nur 1036 Tage in seinem Amt gegeben. Hätte er länger gelebt – er wäre heute 96 Jahre alt – würde sein Bild in der Geschichtsschreibung wohl anders aussehen. Kuba und die missglückte Invasion in der Schweinebucht, Vietnam, die Welt am Rande eines Atomkriegs, der Kalte Krieg und nicht zuletzt seine zahllosen Liebesaffären – all das würde ihm vorgehalten, sodass vom Glanz und vom Charisma seiner Erscheinung nicht allzu viel übrig bliebe.

Ein Jahrhundert-Idol

Doch durch seinen gewaltsamen Tod ist er ein Nationalheld geworden, denn einem Toten wirft man weder politische noch charakterliche Schwächen vor.

Und deshalb war, ist und bleibt John F. Kennedy für alle Zeiten ein Idol des 20. Jahrhunderts. Oder wie ein politischer Kommentator es ausdrückte: „Die Amerikaner sind einer Monarchie nie näher gewesen als unter John und Jackie Kennedy.“

Hier geht es zum ersten Teil der Kennedy-Serie im KURIER.

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