Separatisten in Berlin: Torra und Puigdemont fordern "Dialog"

Separatisten in Berlin: Torra und Puigdemont fordern "Dialog"
Kaum im Amt, besucht Kataloniens neuer Regierungschef Quim Torra den vetriebenen Carles Puigdemont im deutschen Exil.

Stimmengewirr in der Hotellobby, ein Dutzend Journalisten haben sich hier in Charlottenburg am späten Dienstagnachmittag versammelt. Die Kameras richten sich auf die Auftzugtüren. Er könnte jede Minute herauskommen: Carles Puigdemont, der im Herbst abgesetzte katalanische Separatistenführer, lebt seit knapp vier Wochen im Berliner Exil und soll eine Pressekonferenz geben. Doch der 55-Jährige lässt auf sich warten. So laufe das fast bei jedem Treffen mit den Medien ab, berichtet ein deutscher Kollege. Dann mit fast einer halben Stunde Verspätung kommt Puigdemont aus dem Lift - im dunklen Anzug, gut sichtbar: die gelbe Schleife, ein Symbol für die Solidarität mit den in Spanien inhaftierten Separatisten. Begleitet wird er von Joaquim "Quim" Torra, dem neuen Regionalpräsidenten Kataloniens. Was die beiden heute verkünden? Die Parteifreunde lächeln und umarmen sich für die Kameras. Die Pressefrau hat alle Mühe, ihnen den Weg freizumachen. Dann kurz ein paar Fotos im Hof. Zwischen weißen Gartenstühlen und Sonnenschirmen stehen sie, beraten in nachdenklicher Pose: Womöglich wie sich die Exilregierung von hier aus lenken lässt, wie sie weitermachen - oder wer von beiden denn nun der Präsident sei. So viel wird später klar sein: Torra sieht sich als eine Art Übergangspräsident bzw. Staathalter für Puigdemont in Katalonien. Dass es überhaupt im Amt ist, liegt daran, dass sich sein vertriebener Vorgänger in Abwesenheit nicht wählen lassen durfte. Würde er dies auf spanischem Boden tun, hätte ihn die Justiz schnell einkassiert.

Wer ist nun der Regierungschef?

Nach dem Fotoshooting im Garten begibt sich der Journalistentross ins Innere, wo Torra, der eigentlich Verleger und Anwalt ist, gleich zwei Botschaften nach Spanien schickt: Die Regierung von Mariano Rajoy müsse das Wahlergebnis akzeptieren und soll die Zwangsverwaltung so bald wie möglich aufheben. Zudem forderte er sie auf, die Kontrolle der Finanzen an die Region zurückzugeben. Sein erstes Ziel als Präsident ist es aber auch, der spanischen Regierung einen Dialog anzubieten, so Torra. Sein Vorgänger, der mal hinter, dann wieder neben Torra steht, nickt  zustimmend. Und noch bevor er ans Mikro tritt, stellt Torra eines klar: Puigdemont sei der eigentlich legitime Regierungschef hier im Raum, der von Spanien aber illegal des Amtes enthoben wurde. Dafür gibt es aus dem Hintergrund Applaus, unter die Reporter haben sich Befürworter der Unabhängigkeitsbewegung gemischt. Puigdemont, dessen Antrag auf Auslieferung derzeit von den deutschen Behörden geprüft wird, setzt den Sprech fort: "Let's talk" sagt er den Reportern. Rajoy solle Tag und Ort bestimmen und "wir werden kommen". Wer von beiden dann als Regierungschef auftritt, bleibt abzuwarten. Beide wurden nicht müde zu zeigen, wie sehr sie einander schätzen, bezeichneten sich gegenseitig als Präsident. Worauf sie aber keine Antwort fanden: Wie sie sich denn überhaupt einen Kompromiss mit der spanischen Regierung vorstellen.

 

 

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