Katalonien: Inhaftierte Separatistenführer in Hungerstreik getreten

Carles Puigdemont beteiligt sich am Hungerstreik
Die Angeklagten, die bereits seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzen, planen weitere Protestaktionen.

Einige der in Katalonien in Untersuchungshaft sitzenden Separatistenführer haben am Samstag einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Es handelt sich um Jordi Turull, den ehemaligen Regierungssprecher der separatistischen Regionalregierung von Carles Puigdemont, und Jordi Sanchez, den Ex-Vorsitzenden der separatistischen Bürgerbewegung ANC.

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Jordi Turull

Laut den Anwälten von Sanchez und Turull wollen sie damit gegen die angeblichen Blockaden des spanischen Verfassungsgerichts protestieren, den Fall direkt vor einem europäischen Gerichtshof verhandeln zu können. Ziel des Hungerstreiks dürfte aber vor allem der Versuch sein, vor dem nahenden Prozessbeginn Mitte Jänner erneut die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf sich zu lenken.

Wie die katalanische Tageszeitung La Vanguardia in ihrer Online-Ausgabe am Samstag berichtet, überlegen auch die anderen in Lledoners inhaftierten Separatistenführer, sich an dem Hungerstreik zu beteiligen. In der Haftanstalt in der Nähe von Tarragona befinden sich auch andere Mitglieder der ehemaligen Regionalregierung wie Außenminister Raul Romeva, Innenminister Joaquim Forn, Vize-Regierungschef und Wirtschaftsminister Oriol Junqueras oder Jordi Cuixart, ehemaliger Vorsitzender der separatistischen Bürgerplattform Omnium Cultural.

Ihnen wird Rebellion vorgeworfen

Wegen der Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017 und der anschließenden Ausrufung der katalanischen Republik werden ihnen Rebellion, ziviler Ungehorsam und die Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Ihnen drohen Haftstrafen von bis zu 25 Jahren.

Die Angeklagten, die bereits seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzen, planen neben dem Hungerstreik weitere Protestaktionen. Im Vorfeld des Mitte Jänner beginnenden Prozesses gegen die katalanischen Separatistenführer verlangen die Angeklagten vor allem, nicht von einem spanischen Gericht gerichtet zu werden.

EGMR: Baskischer Separatistenführer hatte kein gerechtes Verfahren

Sie erklärten, die spanischen Gerichte seien nicht neutral, und beriefen sich auf ein jüngstes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der zu der Auffassung gelangte, der baskische Separatistenführer Arnaldo Otegi habe in Spanien kein gerechtes Gerichtsverfahren gehabt. Die zuständigen Richter seien nicht unparteiisch gewesen.

Der Nationale Gerichtshof in Madrid hatte Otegi 2009 wegen Wiederbelebung der verbotenen Batasuna-Partei und Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung zu zehn Jahren Haft verurteilt. Batasuna galt als politisches Sprachrohr der baskischen Untergrundorganisation ETA.

Kommentare sowie die politische Nähe der spanischen Richter zur konservativen Volkspartei (PP) legten nahe, dass der erst 2016 nach sechseinhalbjähriger Haft aus dem Gefängnis entlassene Otegi keinen fairen Prozess gehabt habe, so das Gericht. Otegi, heutiger Vorsitzender der legalen baskischen Separatistenpartei EH Bildu, bezeichnete das Straßburger Urteil als einen Beweis mehr, "dass Spanien ein undemokratischer Staat ist".

Die inhaftierten katalanischen Separatistenführer erklärten, auch die Richter des spanischen Verfassungsgerichts seien aufgrund ihrer Nähe zu politischen Parteien nicht neutral.

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