Seit Mittwoch werden in der Welthauptstadt des Karnevals die Umzüge nachgeholt. Fast täglich meldeten während der Pandemie die Sambaschulen in den sozialen Netzwerken Todesfälle aus den eigenen Reihen. Insgesamt starben während der Covid-Pandemie fast 700.000 Menschen in Brasilien. Das hat vor allem die Sambaschulen hart getroffen.
Tatsächlich ist der nachgeholte Karneval so etwas wie ein Befreiungsschlag für die Millionen-Metropole. Das Thema Pandemie spielt bei den ersten Auftritten der Samba-Schulen eine große Rolle. „Es lebe die Wissenschaft“ hat sich der selbst ernannte König Momo ein eigenes Schild mitgebracht. Auf der Rückseite feiert er das Gesundheitssystem SUS.
Ein Seitenhieb auf den rechtspopulistischen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der während der Pandemie mit seinem Verharmlosungskurs nach Meinung seiner Kritiker eine Mitschuld an den verheerenden Ausmaßen der Covid-Katastrophe trägt. Bolsonaro, der Karneval nicht mag, ist hier unbeliebt. Tatsächlich sind einmal Sprechchöre für Lula da Silva zu hören. Der Ex-Präsident (2003 – 2011) wird im Wahlkampf in diesem Jahr der Gegenspieler Bolsonaros – und hat gute Chancen.
Der Karneval in Brasilien wird ohnehin jedes Jahr politischer: Zum Auftakt nahmen die Samba-Schulen die Probleme des Nahverkehrs, der indigenen Völker, der Armut und der Umweltzerstörung ins Visier.
Im tiefreligiösen Brasilien spielen natürlich auch Gott und Jesus eine Rolle. Die Sambaschule „Unidos da Ponte“ setzte der 2019 heiliggesprochenen Ordensschwester „Irma Dulce“ mit ihrem Auftritt ein Denkmal. Sie war die Schwester der Armen. Auch das ist eine Botschaft in einem Land, in dem die evangelikale und die katholische Kirche einen Machtkampf austragen – und in der vor allem die katholische Kirche für den sozialen Einsatz steht. Die Armutsrate ist in Brasilien durch die Pandemie noch einmal angestiegen.
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