Wie Polen die stärkste Militärmacht der EU werden will
Verdoppelung der Soldaten auf eine Gesamtstärke von 300.000 Mann, ein Verteidigungsbudget von drei Prozent des BIP, neue Kampfpanzer und Kampfjets – Polen baut derzeit seine Streitkräfte in hoher Geschwindigkeit aus. Das Land will bis 2035 die größte Armee der EU stellen. „Wir wissen, aus welcher Richtung die Bedrohung kommt, darum haben wir die Absicht, eine wahre Macht der Landstreitkräfte in Europa zu werden“, sagte Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Dienstag.
Neue Division
Das NATO-Mitglied teilt die Grenze im Südosten mit der Ukraine, im Nordosten befindet sich die russische Oblast Kaliningrad sowie Belarus, ein Land, das unter dem Einfluss des Kremls steht. Und dort im Nordosten soll eine neue, fünfte Division stationiert werden, so der Beschluss des Verteidigungsministeriums.
Eine Division ist ein militärischer Großverband mit einer Stärke von 12.000 bis 24.000 Personen. Schon allein die Schaffung dieses Truppenkörpers für das Heer wird umgerechnet über 21 Milliarden Euro kosten. Und dazu gibt es laut Blaszczak eine „beispiellose Bestellung“ von Rüstungsgütern.
In der vergangenen Woche unterschrieb der Nationalkonservative einen Vertrag für die Lieferung von 116 gebrauchten M1A1 Abrams Kampfpanzern im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar, welche bis 2024 alle geliefert werden sollen. Danach würden noch 250 modernere Versionen des amerikanischen Kampfpanzers folgen. Zudem wurden im vergangenen Juli 1.000 Kampfpanzer K2 (Black Panther) aus Südkorea geordert, wovon 180 bis 2025 bereits die Weichsel erreichen würden, die ersten Fahrzeuge sind Anfang Dezember angeliefert worden, hinzu kommen aus gleicher Herkunft 672 Panzerhaubitzen K9.
Aus Südkorea hat Polen auch die kleinen Kampfjets 48 FA-50 geordert sowie 32 größere Kampfflugzeuge F-35 aus den USA, dazu Hubschrauber aus Italien und Jeeps aus Großbritannien. Deutschland und Frankreich mit ihren großen Waffenschmieden gingen bei den umfassenden Rüstungsdeals leer aus. Ein Grund soll die rasche Lieferung sein, allerdings gibt es zwischen Warschau und Berlin einige Streitpunkte.
Die Panzerfrage
Seit langem wird in Warschau, auch von der Opposition, Kritik an der eher zögerlichen Haltung Berlins Kritik geübt, was die Lieferung von schweren Waffen in die Ukraine angeht. Polen würde etwa 14 seiner Leopard 2-Panzer an die Ukraine weitergeben. Allerdings muss die deutsche Regierung rein formal für die Weitergabe des Panzers an die Ukraine ihr Einverständnis geben.
Bleibt noch die Frage, wie Polen diese massiven Ausgaben stemmen will. Einen Schritt in diese Richtung machte am Freitag das Parlament: Es stimmte einem Gesetzentwurf zur Änderung der umstrittenen Justizreformen zu. Dies soll das Land näher an eine Freigabe von milliardenschweren Corona-Finanzhilfen bringen, die die EU-Kommission wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eingefroren hat. Nun muss der Gesetzentwurf noch den Senat, die zweite Kammer des Parlaments, passieren.
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