Junger Reformer lässt Frankreichs Polit-Elite alt aussehen

Jung, unorthodox, erfolgreich: Emmanuel Macron
Der parteilose Emmanuel Macron setzt alle übrigen Präsidentschaftskandidaten unter Strom.

Über Frankreichs Politfirmament ist ein neuer Stern aufgegangen. Er könnte zwar schnell wieder verglimmen, aber zumindest derzeit überstrahlt der parteilose, liberal-soziale Erneuerer alle anderen Bewerber für die Präsidentenwahlen Ende April.

Der 39-jährige Macron birgt hinter seinem bubenhaften Dauerlächeln eine schillernde Persönlichkeit: er kann auf eine Erfolgslaufbahn im Establishment ebenso verweisen wie auf eine Reihe spektakulärer Tabubrüche. Diese Mischung scheint bei vielen Franzosen gefragt zu sein, die das bestehende Polit- und Sozialgefüge für ausgelaugt halten, aber doch einen Absprung in die radikalen Gefilde einer Marine Le Pen vermeiden wollen.

Heiratete seine Lehrerin

In seinen Jugendjahren war Macron Vorzugsschüler eines katholischen Privatgymnasiums, aber er liierte sich – für dieses konservative Milieu ungebräuchlich – mit seiner um 24 Jahre älteren Literatur-Professorin. 2007 heirateten die beiden.

Er absolvierte ein brillantes Philosophie-Studium, er war Pianist und Freizeit-Boxer, der dann auch noch zwei Elite-Unis für künftige Spitzenbeamte mit Bravour durchlief. Bald bekleidete er einen Leitungsposten im Finanzministerium, den er aber 2008 schmiss, um in der französischen Rothschild-Bank Karriere zu machen. 2010 wurde zu einem der "Assoziierten Verwalter" der prestigeträchtigen Handels-Bank ernannt.

Aber auch auf diese Millionärskarriere verzichtete Macron, um 2012 einer Berufung in den Mitarbeiter-Stab des neuen SP-Staatschefs Francois Hollande zu folgen.

Hollande ernannte ihn 2014 zum Wirtschaftsminister. Aber im vergangenen August quittierte Macron wiederum seinen Job. Der unternehmerfreundliche Entrümpler der französischen Arbeitswelt, der sich an Deutschlands Reformen orientiert, befand die SP-Regierung und seinen Mentor Hollande für viel zu behäbig. Vorsorglich hatte er bereits vor seinem Rücktritt eine Bewegung für seine eigene Präsidentschaftskandidatur ins Leben gerufen: "En marche" – wörtlich: "Auf dem Weg", wobei EM auch die Initialen seines Namens darstellen.

Eine derartige Egozentrik und Macrons Hohelied auf ungebremsten Ehrgeiz (" Frankreich braucht junge Menschen, die Milliardäre werden wollen") schrecken zwar etliche Wähler, namentlich der Linken, ab. Sein Durchsetzungswillen und Optimismus wirken aber gleichzeitig auf viele, vor allem jüngere Menschen, attraktiv, die von den hochtrabenden, aber nicht eingelösten Versprechen der Linken enttäuscht sind und auf handfeste Lösungen eines Siegertypen setzen – also eine Art zivilisierter, sozial-abgefederter Trump-Effekt. Weil Macron bei aller Wettbewerbsbejahung auch für eine bessere soziale Absicherung von atypisch Beschäftigten und Selbstständigen eintritt.

Teilnehmerrekorde

Umfragen deuten erstmals auf die Möglichkeit, dass Macron nach dem ersten Wahlgang im April in die Stichwahl für das Präsidentenamt Anfang Mai gelangen könnte – an Stelle von Marine Le Pen oder des konservativen François Fillon. Bei Versammlungen von Macron gibt es Teilnehmerrekorde. Macron dürfte es dadurch auch gelungen sein, die von ihm ignorierten sozialistischen Vorwahlen, die diesen Sonntag beginnen, zu übertrumpfen.

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