Österreichs Lehre kommt in Paris gut an

France's President Francois Hollande attends a military ceremony in the courtyard of the Invalides in Paris, June 14, 2013. REUTERS/Charles Platiau (FRANCE - Tags: POLITICS)
Frankreichs Präsident wurde bei einem TV-Auftritt mit einer idyllischen Reportage über Österreichs Lehrlingsausbildung konfrontiert.

Die EU-weite, gemeinsame Kampagne von Wirtschaftskammer und ÖGB, um Österreichs duales Bildungssystem mit seinem vergleichsweise hohen Lehrlingsanteil als Modell im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu präsentieren, ist zumindest in Frankreich prominent angekommen. So wurde der jüngste TV-Auftritt von Staatschef Francois Hollande, am Sonntag-Abend, im trendigen Pariser Fernseh-Sender M 6, unter anderem, mit einer idyllischen Reportage über das österreichische Lehrlingswesen untermalt.

Der französischen Jugendarbeitslosigkeit von 26,5 Prozent wurden in dem Streifen die „kaum acht Prozent“ in Österreich gegenübergestellt. Auf der Suche nach Österreichs „Wunderlösung“ seien die Reporter von M6 bei einer Bestandsaufnahme vor Ort fündig geworden: „Das magische Wort lautet Lehrlingsausbildung“, konstatiert M6: „Der Anteil der Lehrlinge in Österreich ist sechs Mal höher als in Frankreich“. Gefilmt wurden Lehrlinge der Supermarkt-Kette „Spar“ bei der Kundenbedienung, auf den Bänken der „Sparakademie“ und beim Erhalt eines Gutscheins für einen Führerscheinkurs. Belauscht wird auch ein Gespräch zwischen einem Jugendcoach, Rosie, und einer Berufsschülerin, die sich zuversichtlich zeigt, weil ihre Vorstellungsgespräche „von Casting zu Casting“ besser verlaufen. Mit solchen Jugendcoachs würde Österreich seinen „Schulabbrechern nachsetzen“. Schließlich wurden eine überbetriebliche Lehrwerkstätte mit angehenden Baufacharbeitern gezeigt. Begleittext: „Alle Absolventen bekommen anschließend eine Anstellung“.

Angesichts solcher Erfolgsmeldungen aus Österreich wirkte Hollande mit seinen Jugendbeschäftigungs-Projekten ein bisschen blass: der sozialistische Staatschef bekennt sich zwar auch zur Förderung der Lehrlingsausbildung, er hat aber realistischer Weise kaum Aussichten eine diesbezüglich extrem schwache Tradition privater Betriebe in Frankreich kurzfristig aus dem Boden zu stampfen, noch dazu zu einem Zeitpunkt, da die französischen Klein- und Mittelbetriebe unter der kombinierten Wirkung von Rezession und öffentlichen Sparmaßnahmen schwer leiden. Hollande setzt vielmehr auf sogenannte „Generationsverträge“: Betriebe erhalten Fördergelder für die Anstellung eines Jugendlichen unter 26 Jahren und die gleichzeitig Bewahrung eines Mitarbeiters von über 57 Jahren (nach den Jugendlichen bilden diese älteren Jahrgänge den zweitgrößten Anteil an Arbeitslosen). Wobei der ältere Arbeitnehmer dem jungen Mitarbeiter sein Wissen übermitteln soll. Bis Jahresende sollen 100.000 derartiger „Generationsverträge“ unterzeichnet werden. Gleichzeitig sollen 100.000 Jugendliche ohne Matura eine dreijährige Anstellung in Gemeinden, Vereinen und neuerdings auch in der Privatwirtschaft finden, wobei der Staat bis zu 75 Prozent des Gehalts zahlt.

Aber Hollande betont nunmehr den „vorübergehenden“ Charakter dieser staatlich gestützten Jobs und hämmert die Notwendigkeit eines neuerlichen Wirtschaftswachstums, das sich auf eine wiedererlangte Wettbewerbskraft der französischen Unternehmen stützten müsse. Dafür ist der SP-Staatschef jetzt auch bereit, die französischen Unternehmen von den steuerlichen und amtsstaatlichen „Bremsklötzen an ihren Füssen“ zu befreien und ihnen mehr Flexibilität einzuräumen. Dazu predigt Hollande innerbetriebliche Sozialpartnerschafts-Abkommen. Bei überbetrieblichen Treffen der Sozialpartner ließ er bereits eine Teillockerung des Kündigungsschutzes im Austausch gegen soziale Überbrückungsmaßnahmen für die betroffenen Arbeitnehmer absegnen.

Deutsches Vorbild

Die Rentenreform seines bürgerlichen Vorgängers Nicolas Sarkozy wird weitergetrieben. Der Staat wird zusätzliche Anteile an Großbetrieben abstoßen. Und so wie Sarkozy beschwört Hollande jetzt das deutsche Vorbild: „Wir können nicht in einem Jahr die Reformen zustande bringen, die die Deutschen in zehn Jahren durchgeführt haben“, rief Hollande. Das Kursziel ist hiermit klar: eine sozialliberale Umgestaltung im Sinne von Gerhard Schröder und Angela Merkel.

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