Jüdisch-arabische Schule in Israel: "Alle Schulen sollten so sein"

Jüdisch-arabische Schule in Israel: "Alle Schulen sollten so sein"
Van der Bellen besuchte interkulturelle Schule in Jerusalem - "Ich wünschte, ich wär in so eine Schule gegangen".

Im Klassenzimmer der Hand-in-Hand-Schule in Jerusalem herrscht geschäftiges Treiben. Die Kinder sitzen an kleinen runden Tischen und malen Ausmalbilder aus, an einer Wand hängen Tafeln mit den arabischen Schriftzeichen, schräg gegenüber sind die hebräischen Buchstaben zu sehen. Die Schule, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitag besuchte, ist die einzige in Jerusalem, in der arabische und jüdische Kinder gemeinsam unterrichtet werden.

"Die Atmosphäre ist großartig, ich wünschte, ich wäre auch in so eine Schule gegangen", sagt Van der Bellen bei seinem Besuch am Freitag. "Diese Lebendigkeit und das Miteinander", schwärmt er. 700 Kinder zwischen drei und 18 Jahren besuchen die 2007 eröffnete Schule. Ziel der von der Jerusalem Foundation unterstützten Schule ist es, sich der weitgehenden Separation von Juden und Arabern in Israel entgegenzustellen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Die Kinder lernen Hebräisch und Arabisch sprechen, lesen und schreiben, auch beide Religionen und Kulturen stehen am Lehrplan.

Insgesamt gibt es sechs Hand-in-Hand-Schulen in ganz Israel mit insgesamt 1.850 Schülern. Das ist wenig angesichts der Tatsache, dass rund 20 Prozent der neun Millionen Einwohner Israels arabische Israelis sind. Trotz israelischem Pass fühlen sich die Palästinenser in Israel oft als Bürger zweiter Klasse und beklagen Diskriminierungen. Verschärft hat sich die Situation durch das 2018 verabschiedete Nationalstaatsgesetz, das Israel als "Nationalstaat des jüdischen Volkes" definiert. Zudem wurde Hebräisch zur alleinigen Nationalsprache erklärt, auch wenn Arabisch weiter auf Ämtern verwendet werden kann.

Die "May Rayne Hand-in-Hand-Schule" kämpft damit, dass die jüdischen Schüler die Schule nach der Unterstufe oft verlassen. "Sie haben viel mehr Möglichkeiten, es gibt so viele Gymnasien für jüdische Jugendliche", erklärt eine Lehrerin. Anders ist das für die arabischen Kinder. Dieses Problem hofft man durch den Zubau, der 2021 eröffnet werden soll, zu verbessern. Denn die Platznot in der 2007 eröffneten Schule ist groß.

"Emotionen von zu Hause"

Die Kinder lassen sich von dem hohen Besuch aus Österreich, den Kameras und Fotografen nicht stören, die Stimmung ist ausgelassen, denn an diesem Tag werden die Zeugnisse verteilt. Im Lehrerzimmer treffen die Lehrerinnen noch letzte Vorbereitungen und kleben bunte Sticker auf die Erfolgsnachweise. "Die Kinder bringen oft Emotionen von zu Hause mit, gerade wenn es wie im letzten Jahr wieder zu Zusammenstößen im Gazastreifen kommt", erzählt die jüdische Englischlehrerin Michal Strassberg.

Sie selbst ist in der Schweiz geboren und erst seit einigen Jahren an der Schule. "Für mich war am Anfang auch vieles fremd, weil ich zuvor wenig Kontakt mit arabischen Israelis hatte", sagt sie. "Aber ich habe viel gelernt, vor allem, dass wir alle gleich sind." Daher sollte "eigentlich jede Schule in Israel so aussehen", sagt sie.

"Für viele ist das ein Traum, aber wir schaffen hier eine Realität", meinte eine junge jüdische Mutter, die drei Kinder an der Schule hat. "Wir müssen einander vertrauen und uns begegnen, begegnen und immer wieder begegnen", gibt sie Van der Bellen mit auf den Weg.

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