John F. Kennedy: "Ich bin kein Wiener"
Die einzigen Worte, die er auf Deutsch sprach, lauteten „Ich bin ein Berliner“. Dass er Wiener sei, hat er nie behauptet, doch gibt es mehr Zusammenhänge mit Österreich als bisher bekannt war. Man weiß von seinem Besuch in Wien, wo er 1961 mit Kremlchef Nikita Chruschtschow zusammentraf. Doch JFK war insgesamt vier Mal hier. Und vermutlich hatte er einen Sohn mit einer Österreicherin.
Ganz offiziell verbrachte er den 3. und 4. Juni 1961 in Wien. „Man erkannte sofort, was für eine überragende und charismatische Persönlichkeit dieser Mann war“, erinnert sich Martha Kyrle, die als Tochter des damaligen Bundespräsidenten Adolf Schärf bei allen Empfängen dabei war und die wohl letzte Zeitzeugin des Treffens ist. Selbst Ärztin, erkannte Dr. Kyrle aber auch, „als Kennedy in Schwechat die Gangway hinunter schritt, dass er gesundheitlich angeschlagen war. Er ging schwer, und wir sahen, dass er einen eigenen Arzt mit hatte.“
Die Wiener weinten
Tausende Schaulustige, die Wiens Straßen säumten und dem Präsidenten zujubelten, ahnten nichts von den körperlichen Problemen. „Wien“, schrieb Witwe Jackie Kennedy in ihren Erinnerungen, „war unglaublich, in keiner anderen Stadt wurden wir von so vielen Menschen empfangen, viele weinten vor Freude am Straßenrand.“
Der Mythos JFK:
Doch die politische Realität erwies sich als weniger erfreulich: Chruschtschow war in den Gesprächen, bei denen es um Abrüstung und die Teilung Berlins ging, ein beinharter Verhandler. „Jack war nach dem Wien-Besuch niedergeschlagen“, schreibt seine Witwe, „man dachte, dass man jetzt wirklich in den Krieg ziehen muss“.
Doch, was kaum bekannt ist: JFK war vor diesem offiziellen Besuch bereits drei Mal da. Erstmals im Sommer 1937, wie den kürzlich entdeckten „Reisetagebüchern und Briefen“ John F. Kennedys zu entnehmen ist. Der 20-jährige Harvard-Student machte auf dem Weg von Venedig nach München in Tirol Station und zeigte sich „sehr beeindruckt von den Österreichern, weil sie so anders sind als die Italiener“. Von der Unterkunft in einer Innsbrucker Jugendherberge war der verwöhnte Millionärssohn weniger angetan: „Mit 40 in einer Kammer schlafen, ist nicht angenehm.“ Und über seine Zimmergenossen rümpfte er die Nase: „Es gilt hier als Schande, ein Bad zu nehmen.“
Eroberungen
Den Tagebüchern entnimmt man, dass Kennedy bei seinem ersten Österreich-Aufenthalt mit einem Studienfreund in einem Ford Cabrio unterwegs und auf Eroberungen aus war. Er geht auf Flirts, Dates und sexuelle Abenteuer ein: „Picked up a bundle of fun“ („Wir gabelten ein Bündel Vergnügen auf“).
Zwei Jahre später, im August 1939, kam er wieder. Sein Vater Joseph Kennedy, US–Botschafter in London, hielt enge Kontakte zu Nazi-Größen und schickte seinen Sohn zu einer „Erkundungsfahrt“ durch Europa. Doch keiner nahm den jungen JFK ernst. Der in Wien stationierte US-Diplomat George Kennan schreibt in seinen Erinnerungen: „Der Botschafter-Sohn war ein Emporkömmling und Ignorant... Hätte mir jemand gesagt, dass er eines Tages Präsident der USA würde und ich sein bescheidener Diener, hätte ich gedacht, entweder mein Gesprächspartner oder ich haben den Verstand verloren.“
„Jack“ dürfte die „Erkundungsfahrt“ nicht sehr ernst genommen haben, er wohnte im feudalen Anwesen des Fürsten Maximilian Windisch-Graetz am Wörthersee und genoss den Sommer (wofür meine Kollegen Eugen Freund und Karl Hohenlohe den Nachweis erbrachten).
Ein Sohn mit Lisa
1942 kommt es zu einem pikanten Abenteuer mit einer Österreicherin. Mitten im Krieg lernt Kennedy in Phoenix/Arizona die in der Hinterbrühl bei Wien geborene bildschöne Lisa Lanett kennen. „Meine Mutter führte ein kleines Motel, in dem während des Krieges US-Offiziere einquartiert waren“, erzählt die heute 92-jährige Lisa Lanett. „Einer von ihnen war John F. Kennedy. Wir verliebten uns, und er lud mich ein, ihn in Miami zu besuchen.“ Aus dem Flirt wurde eine mehrjährige Beziehung, der 1945 ein Sohn namens Tony Bohler entsprang. Dieser lebt heute in Kalifornien und bestätigt, dass ihm seine Mutter als er 30 war, eröffnete, dass Kennedy sein Vater sei. Die Lovestory wurde erstmals 2009 im KURIER veröffentlicht und ging danach um die Welt.
Eine Nacht in Salzburg
Im Sommer 1945 kam Kennedy ein drittes Mal nach Österreich. Diesmal im Auftrag des Verlegers Randolph Hearst als Korrespondent des New York Journal-American. Der 28-jährige JFK verbrachte eine Nacht in Salzburg und besichtigte dann den „Führerbunker“ in Berlin, in dem Hitler drei Monate davor Selbstmord begangen hatte: „Aus dem Hass, der ihn umgibt“, mutmaßte JFK, „wird Hitler in einigen Jahren als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten hervortreten, die je gelebt haben. Sein grenzenloser Ehrgeiz machte ihn zu einer Bedrohung für den Frieden, doch er hatte etwas Geheimnisvolles in seiner Weise zu leben und zu sterben, das weiter gedeihen wird. Er war aus dem Stoff, aus dem Legenden sind.“
Abgesehen von dieser Verharmlosung und totalen Fehleinschätzung Hitlers erwies sich Kennedy während seiner frühen Österreich-Aufenthalte auch sonst noch nicht als der politische Kopf, der er später dann war.
Österreichischer Arzt
Einen weiteren Österreich-Bezug erwähnt Jackie Kennedy in ihren Erinnerungen. Sie gibt den Ärzten die Schuld an den gesundheitlichen Probleme ihres Mannes, unter anderem als Folge einer unnötigen Operation und einer zweiten, die verpfuscht wurde. Der einzige Arzt, der ihm half, war der in Wien geborene Orthopäde Hans Kraus: „Er war entsetzt, dass Jack mit so schweren Medikamenten behandelt wurde und sagte, dass er bald im Rollstuhl sitzen würde. Eine Linderung sei nur durch regelmäßige Muskelübungen erreichbar.“
Tatsächlich berichtete ihr Mann 1963, dass er sich noch nie so gut gefühlt hätte wie durch die Kraus'schen Übungen und dass er erwäge, wieder mit dem Golfspielen zu beginnen. Doch dazu ist es nicht mehr gekommen, da John F. Kennedy wenige Monate später ermordet wurde.
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