Joe Biden trifft Xi Jinping: Aussprache der großen Rivalen

Xi Jinping: Der mächtige Autokrat
Als Xi Jinping zum ersten und bisher letzten Mal als Präsident in die USA reiste, hieß sein Gegenüber noch Barack Obama. Seit jenem Treffen 2015 hat sich viel getan im Verhältnis der Großmächte. Chinas Wirtschaft wuchs in den vergangenen acht Jahren um fast zwei Drittel, seine Militärausgaben um die Hälfte.
An der Spitze des Staates hat sich dagegen nichts geändert. Heute wie damals thront „Xi Dada“ (Onkel Xi) über der kommunistischen Partei, niemand anderem war es seit Staatsgründer Mao Zedong gelungen, sich in eine dritte Amtszeit wählen zu lassen.
➤ Mehr lesen: Chinas kritischer Premierminister wird durch Xi-Loyalisten ersetzt
Auch die USA haben ihren Anteil daran, dass das so ist. Seit Jahren spielt Xi das Lied vom eifersüchtigen Amerika, dem jedes Mittel recht sei, um Chinas natürlichen Aufstieg zur Weltmacht Nummer 1 zu verhindern. Mit seiner zunehmend feindseligen Politik unter Donald Trump und Joe Biden bediente Washington dieses Bild – und machte es Xi so möglich, sein Land immer autokratischer zu regieren.

„Wer nicht aufhört, mit dem Feuer zu spielen, wird darin umkommen“, Xi Jinping über Joe Biden
Historischer Herrscher
Man braucht nicht viel Fantasie, um zu erahnen, wer ihm dabei als Inspiration diente. Kein anderes Staatsoberhaupt traf Xi während seiner zehnjährigen Herrschaft auch nur halb so oft wie Wladimir Putin. Daran hat auch die russische Invasion in der Ukraine nichts geändert. Was sie eint, sagen die beiden ganz offen: Der Wunsch nach einer neuen Weltordnung ohne US-Vorherrschaft.
Xi sieht sich selbst, wie sein „fast grenzenloser Freund“ Putin, als Herrscher historischen Ausmaßes. In Chinas Schulen gehören „Xi Jinpings Ideen“ heute zur Pflichtlektüre. Auch chinesische Landkarten zeigen unter ihm neue Territorien: Die völkerrechtlich zu Malaysien, Vietnam und den Philippinen gehörenden Teile des Indopazifiks, die im indischen Staatsgebiet liegenden Himalaya-Gebiete und die Insel Taiwan.
➤ Hier lesen Sie, was die Menschen in Taiwan zu den Drohungen aus China sagen
Letztere noch zu Lebzeiten mit dem Mutterland „wiederzuvereinen“ hat der 70-Jährige zum obersten Ziel seiner Herrschaft erhoben. Um es zu erreichen, schließt er auch Gewalt explizit nicht mehr aus.
Joe Biden: Der erfahrene Außenpolitiker
Er benötigte nur ein Wort, um mit einem Grundpfeiler der US-Außenpolitik zu brechen. Als US-Präsident Joe Biden live auf CNN gefragt wurde, ob die Vereinigten Staaten Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs militärisch beistehen würden, antwortete er: „Ja.“ Und auf Nachfrage erneut: „Ja, dazu haben wir uns verpflichtet.“
➤ Hier lesen Sie, warum unser Wohlstand abhängig vom Frieden zwischen China und Taiwan ist
Der Auftritt im Oktober 2021 beendete die Ära der „strategischen Mehrdeutigkeit“ – unter dieser Vorgabe hatten alle vorangegangenen US-Präsidenten diese Frage umschifft, um Chinas politische Führung im Unklaren zu lassen. Der Pressestab des Weißen Hauses bemühte sich anschließend zwar, zurückzurudern. Doch Biden wiederholte sein Schutzversprechen seither noch zwei weitere Male.

„Dieser Typ hat keinen einzigen demokratischen Knochen in seinem Körper“, Joe Biden über Xi Jinping
Taiwan-Experte
Kritiker schieben die Aussagen auf Bidens hohes Alter. Doch der 80-Jährige ist in dem Thema erfahren wie kaum ein anderer aktiver US-Politiker. Als Senator von Delaware war Biden Ende der 1970er-Jahre Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im US-Senat. Und dabei entscheidend in die Ausarbeitung des „Taiwan Relations Act“ involviert, der seit 1978 die Beziehungen zur Insel vorgibt. Darin verpflichteten sich die USA, eine „einseitige Veränderung des Status quo“ mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern.
Bidens Worte sind also eine Warnung an ein China, das man in Washington heute als größte globale Herausforderung sieht. Auch wirtschaftlich teilte man Schläge gegen China aus, etwa Embargos auf chinesische Halbleiterchips und Produkte aus Zwangsarbeit.
Die Rivalität der beiden globalen Großmächte, China und USA, zeigt sich besonders deutlich an ihrem Umgang mit Russlands Invasion in der Ukraine. Die USA unterstützte Kiew bisher mit 70 Milliarden Euro an Militärhilfen. Chinas Regierung hat Moskau dagegen bis heute nicht öffentlich verurteilt, übernahm die russische Formulierung einer „Militäroperation“ und kritisiert die westlichen Russland-Sanktionen.
Angesichts des aktuellen Krieges im Nahen Osten zeigt sich in Peking wie in Washington ein ganz ähnliches Bild. Zwar machen die USA durchaus Druck auf die israelische Regierung, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zuzulassen und palästinensischen Zivilisten mit mehrstündigen Feuerpausen die Möglichkeit zur Flucht zu geben; doch daran, wer ursprünglich die Schuld an der Gewalteskalation trägt, gibt es für die US-Regierung keinen Zweifel: Die Terrororganisation Hamas mit ihren Massakern am 7. Oktober. Israel, seit jeher einer der engsten militärischen Verbündeten der USA, habe grundsätzlich jedes Recht, sich zu verteidigen, so der Tenor.
Das offizielle China spricht eine andere Sprache. Ganz im Sinne jener Staaten, die man in Peking als „globalen Süden“ erachtet, drängt die Regierung auf einen Waffenstillstand, auf ein Ende der Gewalt. Die Hamas hat China – trotz mehrfacher direkter Aufforderungen aus Jerusalem – nicht offiziell für den aktuellen Konflikt verantwortlich gemacht. Peking verurteilt „alle zivilen Opfer“, Staatsmedien verbreiten Bilder von der Zerstörung in Gaza-Stadt und sprechen von „Kriegslüsternheit“ Israels.
Immer wieder ist vom „historischen Kontext“ zu hören, in den man die aktuelle Eskalation setzen müsse. Chinas Haltung kommt bei arabischen Staaten in Nahost gut an – und hilft, den Westen etwa in der UNO zu isolieren.
Biden nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um China geht. Was er von Xi Jinping hält, hat der US-Präsident nach dem Abschuss des chinesischen Ballons über US-Gebiet im Februar klargemacht: „So ein Vorfall ist peinlich für Diktatoren.“ Der Ärger in Peking war riesengroß.
Trotzdem will Biden den Kontakt nicht abreißen lassen; Missverständnissen vorbeugen. Das Treffen beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) ist eine Möglichkeit dazu.
Kommentare