Jetzt fix: Erste Afroamerikanerin als US-Höchstrichterin

Die 51-jährige Ketanji Brown Jackson zieht in den Supreme Court ein  
Nur drei Republikaner stimmen für Bidens Kandidatin. Damit bleiben die Fronten zwischen den Parteien total verhärtet.

Es gab Zeiten in Washington, da wurde die Höchstrichter des Landes ungeachtet allen Streits zwischen Republikanern und Demokraten in breitem Einvernehmen ausgewählt. Als Ronald Reagan 1986 Antonin Scalia aufbot, bekam der ultra-rechtskonservative Feuerkopf im 100-köpfigen Senat 98 Stimmen. Sein Gegenüber, die liberale Ikone Ruth Bader Ginsburg, von Bill Clinton ausgesucht, wurde 1993 mit 96 Stimmen bestätigt.

Diese Überparteilichkeit ist endgültig vorbei. Wenn voraussichtlich am Freitag auf Initiative von Präsident Joe Biden mit Ketanji Brown Jackson zum ersten Mal in über 230 Jahren Supreme-Court-Geschichte auf Lebenszeit eine Afroamerikanerin den Sprung an den Obersten Gerichtshof schafft, ist der Vertrauensvorschuss hauchdünn.

Neben allen 50 Demokraten werden nach Stand der Dinge nur drei von 50 Republikanern für die 51-jährige Karriere-Juristin votieren. 53:47, das wäre dann der jüngste Ausdruck der extrem verhärteten Fronten zwischen zwei Parteien, von denen eine, die Republikaner, ihr Heil fast nur noch in Kulturkriegen sucht.

Demokraten sind zufrieden

Biden hatte Brown Jackson als Nachfolgerin für das liberale Urgestein Stephen Breyer vorgeschlagen, der mit 83 Jahren im Sommer in den Ruhestand geht. Das präsidiale Versprechen, zum ersten Mal eine Afroamerikanerin in das Neuner-Kollegium zu berufen, trifft in demokratischen Wählerschichten auf breite Zustimmung, ja Euphorie. Im rechten Lager der Republikaner gilt die Personalie als Ausdruck progressiver Ideologie. Hautfarbe und Geschlecht gingen über Qualifikation, sagen Wortführer wie die republikanischen Senatoren Ted Cruz, Josh Hawley, Tom Cotton und Lindsey Graham.

In den mehrtägigen Anhörungen setzten sie der in Washington DC geborenen und in Miami aufgewachsenen Mutter zweier Kinder unbarmherzig zu. Aus der Tatsache, dass Brown Jackson früher Häftlinge des Gefangenen-Lagers Guantánamo auf Kuba – als staatliche Pflichtverteidigerin – vertreten hatte, wurde ihr ein Strick gedreht. Sie sympathisiere wohl mit islamistischen Terroristen, so der Tenor.

Die größte Breitenwirkung erzielten die Republikaner, die als große Aufdecker auftraten, mit dem Versuch, die Richterin in den Dunstkreis der Pädophilie zu rücken. Sie warfen ihr vor, in mehreren Kinderpornografie-Fällen zu geringe Strafen verhängt zu haben. Das sende ein verheerendes Signal, empörte sich etwa Senator Graham, „die Ärsche dieser Leute“ gehörten lange hinter Gitter. Als Brown Jackson ihren Standpunkt erklären wollte, der nach Angaben des Justizministeriums USA-weit in fast zwei Dritteln aller Kinderpornografie-Urteile Standard ist, wurde sie mehrfach rüde unterbrochen.

So war es auch, als die Senatorin Marsha Blackburn den Versuch unternahm, Brown Jackson in die zurzeit heftig geführte Debatte um Geschlechter-Identität (Stichwort Transgender) zu zerren. „Was ist eine Frau?“, fragte die Republikanerin aus Tennessee. Brown Jackson gab ohne große Mimik zurück, sie sei Juristin – und keine Biologin.

Von den oft ehrverletzenden Attacken ihrer Parteikollegen setzen sich allein Susan Collins (Maine), Lisa Murkowski (Alaska) und der frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney (Utah) ab. Alle drei betonten gestern, dass Brown Jackson „die Maßstäbe für Exzellenz und Integrität mehr als erfüllt“.

Mit Brown Jackson bleibt die 6:3-Stimmenmehrheit der Konservativen unberührt.

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