Jemen: UN-Staaten spenden, um Tragödie abzuwenden

Guterres: "Dies ist die größte Hungerkrise der Welt"

Nach der Warnung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres vor einer "Tragödie immensen Ausmaßes" im Bürgerkriegsland Jemen haben Länder aus aller Welt neue Millionenspenden zugesagt. "Dies ist die größte Hungerkrise der Welt", sagte Guterres am Dienstag bei der Geberkonferenz vor Vertretern von fast 50 Ländern in Genf. "Wir sind hier, um Hoffnung zu schaffen."

Hunderte Krankenhäuser sind im Jemen verlassen, weil es keine Medikamente mehr gibt. Viele Schulen sind geschlossen. Millionen Menschen sitzen zwischen den Fronten fest. Trinkwasser und Lebensmittel sind knapp. Zwei Drittel der 27 Millionen Menschen brauchen nach UN-Angaben dringend Hilfe.

"Knapp sieben Millionen Menschen wissen nicht, woher sie ihre nächste Mahlzeit bekommen", heißt es vom Welternährungsprogramm (WFP). "Fast 2,2 Millionen Kinder sind mangelernährt, 500.000 von ihnen droht der Hungertod." Alle zehn Minuten stirbt ein Kind unter fünf Jahren an vermeidbaren Krankheiten. "Wir sind Zeugen, wie eine ganze Generation hungert und bleibende Schäden davonträgt", warnte Guterres.

Der Regierungschef von Jemen, Ahmad Ubaid bin Daghar, machte die Aufständischen für die desolate Lage verantwortlich. "Nur Frieden kann dieses Elend beenden", sagte er. Der Aufstand schiitischer Rebellen, der Houthis, hat das Land mit 27 Millionen Einwohnern 2015 ins Chaos gestürzt. Die Rebellen haben große Teile des Landes überrannt. Das Nachbarland Saudi-Arabien unterstützt die Regierung mit einer Militärkoalition, die Houthi-Stellungen bombardiert.

Zahlreiche Länder stockten ihre bisher zugesagte Jemen-Hilfe um Millionenbeträge auf. Die USA kündigten 94 Millionen Dollar zusätzlich an, einen Gesamtbeitrag von 526 Millionen Dollar (483 Millionen Euro). Die EU stellt 116 Millionen Euro extra zur Verfügung, 46 Millionen davon für die humanitäre Hilfe, 70 Millionen für langfristigere Projekte. Die deutsche Bundesregierung sagte in Genf 105 Millionen Euro humanitäre Hilfe zu.

Die Vereinten Nationen haben den Bedarf für dieses Jahr auf 2,1 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro) geschätzt. Seit dem Spendenaufruf vor vier Monaten waren bis zur Geberkonferenz aber erst 15 Prozent davon zusammengekommen. Guterres sagte zum Auftakt der Geberkonferenz, zwei Drittel der Bevölkerung benötigten Nothilfe. "Wir erleben das Verhungern und die Verkrüppelung einer ganzen Generation."

Hundert Tote pro Monat

Nach Angaben der UN kommen jeden Monat im Schnitt 100 Menschen in dem seit drei Jahren tobenden Krieg ums Leben. Die meisten davon werden demnach durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss der von Saudi-Arabien angeführten Koalition getötet.

Die Hilfsorganisation Norwegischer Flüchtlingsrat (NRC) warnte mit Blick auf die Kämpfe um den Hafen Hodeidah (Hudaida) vor einem Kollaps der Nahrungsmittelversorgung. "Wenn die Kämpfe schlimmer werden und die Versorgungslinie durch diesen Hafen abgeschnitten wird, ist das Überleben von Millionen von Menschen in Gefahr", sagte der Vorsitzende, Jan Egeland. 80 Prozent der Importe werden über diesen Hafen abgewickelt. Dort sind bereits Entladekräne zerstört worden.

Wie Guterres und zahlreiche Diplomaten rief die Organisation alle, die Einfluss auf die Kriegsparteien haben, auf, sich für einen Friedensprozess einzusetzen. "Spenden allein werden die Ursachen dieser Katastrophe nicht lösen", sagte Egeland. "Nur ein Friedensprozess, der alle Gruppierungen involviert, kann den Jemen wieder auf die Beine bringen."

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