Poroschenko holt einen Vertrauten als Premier
Ein "Kabinett politischer Selbstmörder" hatte Arseni Jazenjuk seine Regierung bei Amtsantritt im Februar 2014 genannt. Das war gleich nach der blutigen Revolution, die die Vorgängerregierung der Ukraine aus dem Amt gefegt hatte. Zwei Jahre später hat er nun die Reißleine gezogen: Am Sonntag erklärte er seinen Rücktritt. Heute, Dienstag, soll in der Höchsten Rada in Kiew über ein neues Kabinett abgestimmt werden. Jazenjuk wird darin wohl keine Rolle spielen.
Wolodimir Grojsman wird der Neue aller Wahrscheinlichkeit nach heißen. Bisher war er Parlamentspräsident. Erwartet wird, dass der Wechsel an der Spitze der Regierung mit umfangreichen Personalrochaden einhergeht. Zwar bekundete Grojsman, an der Reformagenda festhalten zu wollen, doch gibt es Zweifel daran.
Kompromisskandidat
Grojsman gilt als Vertrauter von Präsident Poroschenko. Mit ihm dürften die Grabenkämpfe zwischen den beiden Top-Posten im Staat, Präsident und Premier, wohl vorüber sein. Aber Grojsman ist vor allem ein Kompromisskandidat, mit dem Poroschenko einen lästigen Widersacher los wird. Nicht, dass Jazenjuk der gar so eifrige Reformer war, für den er sich gerne ausgab. Aber zumindest musste Jazenjuk den Schein wahren.
Es war aber gerade das Bild des Reformers, das zuletzt massive Dellen abbekam. Da war der lautstarke Austritt dreier Technokratenminister aus dem Kabinett im Februar. Da waren die offen ausgetragenen Grabenkämpfe zwischen ihm und Poroschenko um die Generalstaatsanwaltschaft. Was Kritiker der Grojsman-Wahl vor allem ärgert: Da wäre Finanzministerin Natalie Jaresko gewesen, eine Kanadierin ukrainischer Abstammung ohne Verbindungen zum ukrainischen Finanz-Filz und eine glühende Reformerin, die sich als Premierministerin angedient hatte. Nicht zuletzt basierte die Geduld internationaler Geldgeber mit Kiew auf ihrer Arbeit.
"Sie hat keine Chance", so Sergej Leschtschenko, Mandatar der Partei Poroschenkos. Er werde nicht für Grojsman stimmen. An dessen Bestellung trotz knapper Koalitions-Mehrheit zweifelt er aber nicht: Schließlich würden Stimmen gekauft werden. Leschtschenko glaubt auch, dass Jaresko Kabinettsumbildungen zum Opfer fällt.
Zumindest gibt es eine Gute Nachricht für die Ukraine: Ungeachtet der Ablehnung des EU-Ukraine-Abkommens durch die Niederländer will die EU-Kommission noch im April die Einführung der Visafreiheit für Ukrainer vorschlagen. EU-Kommissar Johannes Hahn, zuständig für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik, wird nächste Woche nach Kiew reisen, um letzte Details zu verhandeln. Gibt die EU-Kommission grünes Licht, muss der Rat mit qualifizierter Mehrheit zustimmen.
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