Renzi: "Mit reiner Austerität stirbt Europa"

Bundeskanzler Werner Faymann trifft auf den italienischen Premierminister Matteo Renzi.
In einem offenen Brief warnte der italienische Ministerpräsident vor der Austeritätspolitik der EU.

Vor seinem am Freitag geplanten Treffen mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi erneut vor einer zu strengen Sparpolitik in der EU gewarnt. "Mit reiner Austerität stirbt Europa", warnte Renzi in einem offenen Brief an die römische Tageszeitung La Repubblica am Donnerstag.

"Europa hat in den letzten Jahren den falschen Weg beschritten", so Renzi. Während die USA in den vergangenen acht Jahren auf Wachstum, Investitionen und Innovation gesetzt hätten, habe Europa nur Austerität, Währung und Sparkurs im Auge gehabt. Das Resultat sei, dass es den USA heute wirtschaftlich wesentlich besser als vor acht Jahren gehe, Europa wesentlich schlechter.

Kooperation wichtiger als Zäune

"Austerität genügt nicht. Das sieht man daran, dass in Europa lediglich die Länder gewachsen sind, die auf offenkundige Weise die Defizit-Regeln missachtet haben", schrieb Renzi und bezog sich dabei vor allem auf Großbritannien und Spanien.

Die offene Frage sei, ob Europa in der Lage sei, nun wieder den Weg der Politik zu finden. Dies bedeute, eine globale Migrationspolitik zu bestimmen, bei der internationale Kooperation wichtiger als Zäune sei. Wichtig sei auch eine einheitliche Vision bezüglich des Finanzsystems. Prioritär seien auch gemeinsame Regeln für die Wahl der Kandidaten für die Führung Europas.

Lockerung der Sparpolitik

Renzi wirbt derzeit massiv für eine Lockerung der Sparpolitik zur Förderung des Wirtschaftswachstums. Am Freitag trifft er dazu auch Bundeskanzler Faymann in Rom. Mit seiner Kritik fährt Renzi seit Wochen einen deutlichen Konfrontationskurs zu Brüssel und Deutschland. Einer der Hauptstreitpunkte ist dabei die Weigerung Renzis, Geld in den EU-Fonds zur Finanzierung von Flüchtlingshilfen in der Türkei einzuzahlen, solange die Budgetregeln im Stabilitätspakt nicht gelockert werden. Mit einer Lockerung der Budgetregeln will der Regierungschef Italiens lahmender Wirtschaft auf die Sprünge helfen.

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