Italien: Oligarchen-Vermögen um knapp eine Milliarde Euro beschlagnahmt
Rom geht rigoros gegen russische Superreiche vor – und hat wohl auch die Luxusjacht von Kremlchef Wladimir Putin konfisziert.
11.04.22, 05:00
Aus Mailand Andrea Affaticati
Die italienische Finanzpolizei hat rasch reagiert: Die von der EU-Kommission verfasste Black List mit Oligarchen, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahe stehen und deren Besitztümer zu beschlagnahmen sind, wurde schnell abgearbeitet. Mittlerweile wurden Jachten und Luxusvillen in einem Wert von knapp einer Milliarde Euro beschlagnahmt.
Darunter auch die drei Villen des russischen TV-Moderator Wladimir Solowjew am Comer See, um die es jüngst große Aufregung gab: Eine Villa wurde nämlich in Brand gesetzt, bei einer anderen rote Farbe in den Pool geschüttet, und auf das Eingangstor wurde „Wladimir Solowjew Mörder“ geschrieben. Auch die Villa von Petr Aven und die von Alischer Usmanow in Sardinien sowie das in der Nähe der toskanischen Stadt Lucca gelegene Anwesen von Oleg Sawtschenko stehen unter Versiegelung. Außer dem TV-Moderator Solowjew haben sich die anderen Oligarchen still verhalten.
Größte Segeljacht
Auch etliche Jachten sind mittlerweile unter Verschluss – alles Mega-Schiffe, keines unter 50 Meter lang, keines unter 50 Millionen Euro wert. Die „Lady M“ von Alexej Mordaschow und die „Lena“ von Gennadi Timtschenko wurden in Ligurien beschlagnahmt. Die „Sailing Yacht A“ von Andrei Melnitschenko, die mit ihren 143 Metern Länge als die größte Segeljacht der Welt gilt, liegt in Triest fest.
Wie man mit der „Scheherazade“, die sich im toskanischen Hafen von Marina di Carrara befindet, nun vorgehen soll, ist weiterhin unklar. Es heißt sie gehöre Kremlchef Wladimir Putin, die Ermittlungen sind aber noch im Gange. Medien berichten, dass sich das Personal sicherheitshalber schon aus dem Staub gemacht habe.
Und das gilt nicht nur für die „Scheherazade“. Die meisten Oligarchen sollen ihr Personal entlassen haben oder die Gehälter nicht mehr bezahlen. Hintergrund: Laut Gesetzeslage muss sich der Staat um die Instandhaltung kümmern – solange die Beschlagnahmung läuft. So sind etwa Hafengebühren zu entrichten. Die staatliche Fürsorge gilt auch für beschlagnahmten Immobilien von Oligarchen: Der Staat muss sich etwa um die Villen samt Garten- und Parkanlagen kümmern.
Staat in der Pflicht
Erst wenn die Oligarchen wieder in Besitz ihrer Villen und Jachten kommen, müssen sie die vom Staat vorübergehend übernommen Spesen zurückerstatten. Alles in allem kann also die Beschlagnahmung Italien eine stattliche Summe kosten. Es heißt, dass allein die Instandhaltung der „Sailing Yacht A“ von Melnitschenko an die 100.000 Euro pro Monat koste.
Einen Ausweg gäbe es aber. Und zwar die Jachten und Villen zu vermieten. Genau das machen auch die Oligarchen selbst immer wieder: Sie überlassen ihre Luxusvillen und Jachten bekannten Schauspielern, Profi-Fußballern und anderen Persönlichkeiten gegen Geld. Nicht weil sie das nötig hätten, sondern weil sie selber nicht ständig davon Gebrauch machen (können), die Villen aber bewohnt werden und die Jachten auslaufen müssen, um in Schuss zu bleiben.
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