Italien wählt am 25. 9.: Jetzt schlägt die Stunde der Rechten

Planen Wahlbündnis: Berlusconi, Meloni, Salvini  
Nach dem Abgang von Premier Draghi und der Neuwahl am 25. 9. dürften die Rechtspopulisten übernehmen – mit einer Postfaschistin an der Spitze?

„Manchmal wird auch das Herz eines Zentralbankers berührt.“ Fast schon gerührt reagierte der scheidende italienische Premier Mario Draghi bei seinem Auftritt am Donnerstag vor der Abgeordnetenkammer auf den lange anhaltenden Applaus. Und zum erstem Mal nach Tagen hatte sich sein Gesichtsausdruck ein wenig aufgehellt – wohl als Zeichen der Erleichterung. „Ich danke Ihnen für die Zusammenarbeit in diesen Monaten“, merkte der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank an.

Dann ging er zum Staatsoberhaupt. Diesmal nahm Sergio Mattarella Draghis Rücktrittsgesuch an – trotz Bemühungen war da nichts mehr zu holen. Der Präsident bat aber den 74-Jährigen, geschäftsführend im Amt zu bleiben. Bis nach der Neuwahl am 25. September. Diesen Termin verkündete Mattarella am Donnerstagabend.

Italien wählt am 25. 9.: Jetzt schlägt die Stunde der Rechten

Schlüsselfigur Salvini

Doch was wird der Urnengang bringen, der regulär erst 2023 stattfinden hätte sollen und jetzt mitten im Ukraine-Krieg, der Teuerungswelle, der Energiekrise und der Pandemie über die Bühne gehen wird? Die Wahlen werden mit großer Wahrscheinlichkeit das Mitte-Rechts-Lager zusammenschweißen. Die drei Gruppen: Die postfaschistische Rechte der Fratelli d’Italia unter Giorgia Meloni, 45, die nicht Teil der Draghi-Koalition war und in Umfragen derzeit führt; die nationalpopulistische Lega von Matteo Salvini, 49, und Silvio Berlusconis, 85, Forza Italia, beide waren in Draghis breiter Koalition.

Meloni spricht zwar seit Monaten nicht mehr mit Salvini und Berlusconi, doch die Chance, diesmal wirklich an die Regierung zu kommen, ist zu verlockend, um die Zwistigkeiten nicht zu überwinden. Laut Umfragen hat das Mitte-Rechts-Lager im Moment die Mehrheit der Wähler hinter sich. Meloni sieht ihr Ziel, erste Regierungschefin in Italien zu werden, immer näher rücken. Schon bei den vergangenen Bürgermeisterwahlen hat ihre Partei die Lega überholt.

Ob sich ihr Traum erfüllt, hängt davon ab, wie viele Stolpersteine ihr Salvini in den Weg legen wird. Vorausgesetzt er bleibt an der Spitze der Lega. Ein Teil seiner Partei, der vor allem im wirtschaftsrelevanten Norden zu Hause ist, könnte es ihm verübeln, maßgeblich zu Draghis Sturz beigetragen zu haben. Denn hätten er und Berlusconi von Draghi nicht gefordert, die Fünf-Sterne fallen zu lassen, könnte Draghi noch im Sattel sitzen.

Während sich das Mitte-Rechts-Lager zusammenrauft, liegt das Mitte-Links-Lager in Trümmern. Angefangen bei der Fünf-Sterne Bewegung. Nach dem Austritt von Außenminister Luigi Di Maio vor ein paar Wochen, dem mehr als 60 Parlamentarier gefolgt waren und wahrscheinlich weitere folgen werden, verkümmert die Bewegung zunehmend zu einer leeren Hülse (siehe auch links unten).

Linke leckt ihre Wunden

Auch die Demokratische Partei, angeführt von Enrico Letta, schaut auf die Trümmer, die Draghis Abtritt hinterlassen hat. Die Mitte-Links-Partei hatte alles darauf gesetzt, bei den nächsten Wahlen zusammen mit der Fünf-Sterne-Bewegung anzutreten. Daraus wird nichts mehr. Die Demokraten stehen alleine da, und ob es zu einer Koalition mit dem Zentrumslager kommt, von dem zuletzt immer wieder die Rede war, kann man noch nicht sagen.

Hätte diese Krise vermieden werden können? Wahrscheinlich schon, wäre Draghi nicht vor einer Woche zu Mattarella gegangen, um sein Amt zurückzulegen. Denn trotz Abstimmungsverweigerung seitens der Fünf-Sterne hatte ihm eine satte Mehrheit von 171 Senatoren das Vertrauen ausgesprochen. Doch diese Woche war dann nichts mehr zu retten. Salvini und Berlusconi hatten Draghi eine für diesen inakzeptable Bedingung gestellt. Sie forderten eine neue Regierungskoalition ohne Fünf-Sterne-Bewegung. Hätte Draghi angenommen, wäre er auf kurz oder lang Geisel von Salvini geworden.

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