Italien: EU-Rechtspopulisten jubeln, Lega will Premier

Lega-Chef Matteo Salvini
Ausländerfeindliche und EU-skeptische Lega Nord feiert in Norditalien lawinenartigen Erfolg. Le Pen sieht darin ein "Erwachen der Völker".

Die ausländerfeindliche Lega feiert einen doppelten Wahlsieg bei den Parlamentswahlen in Italien. Die Rechts-Koalition, der mit der konservativen Forza Italia um Medienzaren Silvio Berlusconi auch die Lega angehört, schnitt mit 36 Prozent als stärkste Koalition im Land ab. Zugleich eroberte die Lega um Matteo Salvini mehr Stimmen als Berlusconis Forza Italia.

Auf 18 Prozent der Stimmen schaffte es die Lega, die aus dem Parteinamen den Begriff "Nord" gestrichen hat und sich im Wahlkampf immer mehr als gesamtstaatliche Partei profilierte. Berlusconis Forza Italia, die EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani als Premierkandidaten vorgeschlagen hatte, blieb bei 14 Prozent stecken. In einigen Regionen des Nordens wie in der Lombardei erhielt Salvinis Lega mit 28,7 Prozent doppelt so viele Stimmen wie die Forza Italia.

Italien: EU-Rechtspopulisten jubeln, Lega will Premier
Stimmenaneile bei der Wahl zur Abgeordnetenkammer - Säulengrafik; Mehrheit nach Wahlkreisen - Karte GRAFIK 0259-18, 88 x 132 mm

Im Veneto, traditionsgemäß eine Hochburg der Lega, eroberte Salvinis Gruppierung 32 Prozent der Stimmen und schnitt dort als stärkste Einzelpartei ab, während die Forza Italia auf lediglich 11 Prozent kam. In der an Kärnten grenzen Region Friaul Julisch Venetien vervierfachte die Lega ihre Stimmen auf 26 Prozent, während die Forza Italia mit 12 Prozent hinterher hinkte. Im Piemont trieb die Lega die Mitte-rechts-Allianz auf über 40 Prozent der Stimmen.

Salvinis ambitionierter Gang in Richtung Süditalien zeigt Resultate. In der Region Latium mit der Hauptstadt Rom schaffte es Salvini mit seiner scharfen Anti-Einwanderungsrhetorik auf 13 Prozent, punktegleich wie Berlusconis Forza Italia. Im süditalienischen Kampanien fasste die Lega erstmals mit 4 Prozent Fuß, in Apulien erreichte die Gruppierung 6 Prozent, in Kalabrien 5 Prozent.

"Seit heute ist die Lega keine norditalienische, sondern eine gesamtnationale Partei. Es ist offenkundig, dass Salvini der wahre Anführer der Mitte-rechts-Allianz ist", kommentierte der Lega-Kandidat in Siena, Claudio Borghi. "Das Wahlergebnis übertrifft all unsere Erwartungen. Staatschef Sergio Mattarella muss die Tatsache akzeptieren, dass die Lega die stärkste Partei in Italiens stärkster Koalition ist", sagte der scheidende Fraktionschef der Lega in der Abgeordnetenkammer, Massimiliano Fedriga.

Salvini, Ex-Sezessionist mit Ambitionen als Staatsmann, macht kein Hehl daraus, dass er zum Premier einer neuen Mitte-Rechts-Regierung in Rom aufrücken will. "Wenn ich auch nur eine Stimme mehr als die Forza Italia gewinne, werde ich der Premier der Mitte-rechts-Allianz sein", hatte Salvini unermüdlich vor den Wahlen betont.

Salvini würde EU erschüttern

Wie der europakritische Salvini Berlusconis proeuropäischen Kurs mit seiner Linie unter einen Hut bringen will, ist fraglich. Salvini will die EU-Verträge "neu schreiben" und verlangt eine Reform der Fiskal- und Bankenpolitik. Für den Fall, dass die anderen Staaten bei seinen Plänen nicht mitziehen, droht er mit einer teilweisen Einstellung der italienischen Zahlungen an die EU.

Den Euro bezeichnet Salvini als "gescheitertes wirtschaftliches und soziales Experiment". Zwar könne kein Land alleine aus dem Euroraum aussteigen, die gemeinsame Währung sei jedoch "kein Dogma". Gespräche mit anderen Ländern über einen "koordinierten Ausstieg" seien möglich.

Italien: EU-Rechtspopulisten jubeln, Lega will Premier
ABD0147_20170121 - Die AFD-Vorsitzende Frauke Petry, (l-r), die Vorsitzende des französischen Front National (FN), Marine Le Pen, der Vertreter der italienischen Lega Nord, Matteo Salvini, und der Vorsitzende der niederländischen Freiheits partei (PVV), Geert Wilders, der Generalsekretär der Österreichischen Freiheitspartei (FPÖ), Harald Vilimsky, und der AfD-Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, stehen am 21.01.2017 in Koblenz (Rheinland-Pfalz) zu Beginn der Kongresses der rechtspopulistischen ENF-Fraktion auf der Bühne. Foto: Thomas Frey/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Rechtspopulisten in der Union jubeln

Führende europäische Rechtspopulisten haben sich nach dem guten Abschneiden populistischer und rechter Parteien bei der Parlamentswahl in Italien erfreut über die Ergebnisse gezeigt. "Die Europäische Union wird eine schlechte Nacht haben" - dazu ein lachender Smiley - schrieb die Parteichefin der französischen Front National, Marine Le Pen auf Twitter. Die Gratulation richtete Le Pen an Matteo Salvini. Salvinis "spektakulärer" Erfolg sei ein weiterer Schritt zum "Erwachen der Völker", schrieb Le Pen, die bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2017 gegen Emmanuel Macron verloren hatte.

Auch der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders gratulierte der Lega Nord.Im Europäischen Parlament sitzt die Lega in der rechtspopulistischen Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" unter anderem gemeinsam mit Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) und der französischen Front National von Marine Le Pen sowie der FPÖ. "Sehr erfreut" über den Erfolg der rechtspopulistischen Lega bei den Parlamentswahlen in Italien hat sich deshalb auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky gezeigt. Gegenüber der APA sprach er am Montag von einem "sensationellen Ergebnis für unsere italienischen Partner".

Farage gratuliert Di Maio

Der britische Europagegner und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage gratulierte auf Twitter der Fünf-Sterne-Bewegung von Luigi Di Maio, die den Teilergebnissen zufolge stärkste Partei geworden ist. Der frühere Chef der europafeindlichen Ukip-Partei arbeitet im EU-Parlament mit den italienischen Populisten zusammen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Rande seines Besuchs im Vatikan trotz des Erfolges der Fraktionspartner seines eigenen Regierungspartners seine Hoffnung auf eine proeuropäische Regierung in Italien zum Ausdruck gebracht. "Wir hoffen auf eine proeuropäische Regierung und eine gute Zusammenarbeit", sagte er der APA am Montag in Rom.

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